Kündigung wegen offener Betriebskosten
Neues vom Amtsgericht Brandenburg
30.01.2025Bei der Vorbereitung des Vortrags zur neueren Rechtsprechung im Mietrecht ist mir aufgefallen, dass in den letzten Monaten sehr viel vom Amtsgericht Brandenburg veröffentlicht wurde. Eines dieser Urteile will ich Ihnen heute vorstellen. Es geht dabei um die Frage, ob der Verzug mit Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen eine fristlose Kündigung stützen kann oder ob hier ein anderer Kündigungsgrund vorliegt. Der BGH hatte dies in einem aktuellen Urteil (noch) offengelassen, so dass hier Raum für Entscheidungen der Instanzgerichte bleibt.
Was ist Zahlungsverzug mit Mieten?
Ausgangspunkt der Überlegungen ist § 543 Abs. 2 BGB. Danach liegt ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Kurz und untechnisch gesagt, wer mit zwei Mieten in Verzug ist, kann außerordentlich fristlos gekündigt werden. Es geht hier heute nicht darum, wann zwei Mieten erreicht sind und wann nicht (siehe hier) oder was zwei aufeinanderfolgende Termine sind. Es geht darum, ob Nebenkostennachzahlungen „Miete“ ist.
Klar ist, dass Betriebskostennachzahlungen keine laufenden monatlichen Zahlungen sind. Aber der BGH hat bereits 2005 entschieden, dass die Betriebskostenvorauszahlungen zur Miete gehören und dass die Minderung von der Gesamtmiete zu berechnen ist. Der Begriff der „Miete“ in § 536 BGB ist die Bruttomiete (BGH, Urteil vom 6. 4. 2005 - XII ZR 225/03). Der BGH hat auch entschieden, dass Betriebskostennachzahlungen wiederkehrende Leistungen sind (BGH, Urt. v. 20.7.2016 – VIII ZR 263/14).
Sind Betriebskostenvorauszahlungen Mieten?
Diese Frage ist ganz klar zu bejahen, soweit es um die Zahlungsverzugskündigung geht. Bei der Berechnung des Zahlungsverzugs gehen wir von der Gesamtmiete aus. Beträgt die Miete 500 € Nettokalt plus 300 € Betriebskostenvorauszahlungen, so ist eine Monatsmiete 800 € und zwei sind 1.600 €.
Interessant wird es, wenn die Abrechnungsreife eingetreten ist und die Betriebskostenvorauszahlungen nicht mehr verlangt werden können. Dies ist der Fall, wenn 12 Monate seit Ende der Abrechnungsperiode vergangen sind. So können zum Beispiel die Betriebskostenvorauszahlungen für 2023 heute (Januar 2025) nicht mehr geltend gemacht werden.
Hier ist zu unterscheiden, war der Rückstand bereits 2024 so groß, dass gekündigt werden konnte, ist dieser Rückstand auch heute noch einzurechnen.
Hat der Rückstand bis Ende 2024 nicht ausgereicht (es waren keine zwei Mieten offen), dann kann er jetzt auch nicht mehr herangezogen werden.
Dis klingt ganz schön kompliziert. Sie müssen sich merken: Maßgebend für eine Kündigung ist der Tag, an dem der Rückstand zu einer Kündigung berechtigte. Selbst wenn danach Teilzahlungen eingehen oder Abrechnungsreife eintritt, kann trotzdem immer noch gekündigt werden. Lediglich bei einer Vollzahlung entfällt das Kündigungsrecht wieder.
Sind Betriebskostennachforderungen Mieten?
Diese Frage muss wohl verneint werden, soweit es um die Zahlungsverzugskündigung geht. Eine Auslegung von § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ergibt, dass es sich hier um laufende Zahlungen handeln muss, also um die Zahlungen, die innerhalb bestimmter Perioden (zumeist Monate) gezahlt werden.
Betriebskostennachzahlungen sind aber nur einmal jährlich fällig, sie sind also nicht nach den Perioden für die Mietzahlungen zu leisten. So hat es auch das OLG Rostock kürzlich gesehen (Urteil vom 9.2.2023, Az. 3 U 22/21).
So hat es auch das eingangs bereits erwähnte AG Brandenburg entschieden. Dort heiß es, dass § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB analog auf § 543 Abs. 1 BGB angewendet werden kann.
Es ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt, ob ein Zahlungsverzug in Höhe von zwei Mietzahlungen auch für eine Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB ausreicht. Es gab Stimmen in der juristischen Literatur und in der Rechtsprechung, die einen höheren bzw. schwerwiegenderen Zahlungsverzug forderten. Wir können uns nun also merken, Verzug mit einem Betrag, der eine Miete übersteigt und länger als zwei Zahlungstermine andauert, reicht auch für eine Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB.
Muss dann abgemahnt werden?
Grundsätzlich muss vor Ausspruch einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung eine Abmahnung erfolgen. Mieter müssen auf ihr Fehlverhalten hingewiesen werden, damit sie dies abstellen können. Etwas anderes gilt bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB, aber wie oben beschrieben haben wir einen solchen Fall hier nicht. Daher muss abgemahnt werden.
Die KI von beck-online schreibt richtigerweise: Eine Abmahnung ist eine formelle Aufforderung, die in verschiedenen rechtlichen Kontexten verwendet wird, um ein bestimmtes Verhalten zu beanstanden und auf die Konsequenzen bei Wiederholung hinzuweisen. Sie hat eine Doppelfunktion: Zum einen dient sie als Rüge für ein Fehlverhalten, zum anderen als Warnung vor möglichen rechtlichen Konsequenzen, wie etwa einer Kündigung.
Interessant und neu an dem Urteil des AG Brandenburg ist nun, dass eine Mahnung ausreicht, wenn hier eine Zahlungsfrist gesetzt wurde. Eine Mahnung ist laut KI eine an den Schuldner gerichtete Aufforderung des Gläubigers, die geschuldete Leistung zu erbringen.
Grundsätzlich sind daher Mahnungen und Abmahnungen verschiedene Willenserklärungen, die eine soll Verzug herbeiführen, die andere eine Kündigung vorbereiten. Das AG Brandenburg hat nun entschieden, dass in dieser speziellen Konstellation eine Mahnung mit Fristsetzung ausreicht, um auch als Abmahnung zu gelten.
Wie sollten Sie vorgehen?
Wir empfehlen, zunächst zu prüfen, ob die Abrechnungen richtig sind und ob der betroffene Mieter Widerspruch eingelegt hat und wenn ja, ob dieser begründet sein könnte. Die Abrechnungen müssen eine Monatsmiete übersteigen.
Im besten Fall machen Sie die Forderung gerichtlich geltend. Wenn ein Urteil oder ein Vollstreckungstitel in der Welt ist, kann der Mieter keine Einwendungen gegen die Forderung erheben, so dass bei einer Räumungsklage nicht über den Bestand der Forderungen gestritten wird. Etwas Ähnliches gilt bereits nach Ablauf der Einwendungsfrist gegen die Abrechnung (§ 556 Abs. 3 BGB). Danach können Mieter nur noch formelle Einwendungen erheben, was meist keinen Erfolg haben wird.
Wenn also die Forderung feststeht, empfehlen wir eine Abmahnung, also eine Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung und Androhung weiterer Konsequenzen.
Wenn dann immer noch nicht gezahlt wurde, können Sie die Kündigung aussprechen.
Fazit
In Zeiten gestiegener Betriebskosten sollten Sie auch diese Möglichkeit der „Zahlungsverzugs“-Kündigung im Blick haben. Wir warten hier gespannt auf ein Urteil des BGH, das sicher in den nächsten Jahren kommen wird. Wir werden weiter berichten.
Autor: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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