Zwei Mieterhöhungen mit einer Modernisierung?

Zwei Mieterhöhungen mit einer Modernisierung?

Welche Auswirkungen hat die Kappungsgrenze?

24.10.2024
Im Zuge des Mietrechtsanpassungsgesetzes 2019 wurde eine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach Modernisierungen eingeführt. In § 559 Abs. 3a BGB heißt es: „Bei Erhöhungen der jährlichen Miete nach Absatz 1 darf sich die monatliche Miete innerhalb von sechs Jahren, von Erhöhungen nach § 558 oder § 560 abgesehen, nicht um mehr als 3 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen.“ Bei einer niedrigen Ausgangsmiete von bis zu 7 €/m² beträgt die Kappungsgrenze sogar nur 2 €. Wenn nun eine umfangreiche Modernisierung durchgeführt wird, die zu einer Erhöhung von 4,50 € führen könnte, konnte daher die Miete einseitig nur um 3,00 € erhöht werden. Kann nun nach Ablauf von 6 Jahren der weitere Betrag von 1,50 € erhöht werden? Welcher Voraussetzungen bedarf diese Erhöhung? Was wäre bei zwischenzeitlichen Erhöhungen nach § 558 BGB zu beachten? Fragen über Fragen. Dieser Beitrag versucht diese zu beantworten. Rechtsprechung dazu gibt es noch nicht, denn es sind seit 2019 noch keine 6 Jahre vergangen.

Weitere Erhöhung aufgrund einer teilbaren Maßnahme oder einer weiteren Maßnahme nach sechs Jahren?

Diese Frage ist eigentlich ganz leicht zu beantworten. Für jede Maßnahme kann einer Erhöhung geltend gemacht werden. Wenn die 3 €/2 € bereits verbraucht sind, kann die Erhöhung zu Beginn des siebten Jahres seit der letzten Modernisierungsmieterhöhung erklärt werden. Wenn eine Maßnahme teilbar ist, gilt das auch. Als Beispiel wird hier eine energetische Sanierung der Fassade genannt, wobei auch Fenster in Isolierfenster ausgetauscht und Balkone angebaut werden. Hier liegen drei Maßnahmen vor: Fassadenmodernisierung, Fensteraustausch und Balkonanbau. Der BGH hat bereits entschieden, dass für teilbare Maßnahmen jeweils Mieterhöhungen erfolgen können (vgl. BGH, Urteil vom 17.6.2020, Az. VIII ZR 81/19; siehe auch hier). Eine zeitliche Grenze für diese Mieterhöhungen gibt es nicht. 

Aber müssen Mieter nach fünf Jahren noch mit einer Mieterhöhung wegen einer Modernisierung rechnen oder können sie sich auf Verzicht/Verwirkung berufen? Nach meiner Ansicht geht letzteres nicht. In der Modernisierungsankündigung muss die zu erwartende Miete mitangekündigt werden. Wenn Mieter hier erkennen können, dass die Mieterhöhung mehr als 3 € beträgt, müssen sie auch damit rechnen. Höchstvorsorglich sollte in die Ankündigungsschreiben auf die Möglichkeit der späteren Mieterhöhung hingewiesen werden. Auch ein Hinweis in der Mieterhöhung für die Fassadensanierung, dass noch eine Erhöhung wegen der Balkonsanierung erfolgen kann, sollte nicht fehlen.

Weitere Erhöhung aufgrund derselben Maßnahme nach sechs Jahren?


Aber gilt das auch für eine „Resterhöhung“ für dieselbe Maßnahme? Aufgrund des Zeitablaufs von nun fast sechs Jahren seit 2019 wird diese Frage gerade allenthalben diskutiert. Auch wir haben dies in unserer Anwaltsrunde hier im Büro getan. Und das Ergebnis ist wie immer: fünf Fachanwält*innen haben diskutiert und vier Meinungen von „Nein, das geht gar nicht“ bis „Ja, klar, warum nicht“ war alles dabei. Die Frage ist: Was wollte der Gesetzgeber? Wollte der Gesetzgeber, dass pro Maßnahme nur noch 2/3 € umgelegt werden können? Der Grund dafür, dass der Vermieter überhaupt die Miete erhöhen kann, ist, dass er eine Amortisierung / Finanzierung der Maßnahme erhält. Der Gesetzgeber will einen modernen Gebäudebestand. Um Eigentümer von Wohnhäusern zu motivieren, den Bestand modern / klimagerecht usw. zu machen, ist die Mieterhöhung, also die Erhöhung des Ertrags sinnvoll.

Der Gesetzgeber hat dann aber die Kappungsgrenze eingeführt, um die Mieter nicht zu überfordern und ihnen die Wohnungen zu erhalten. Der Gesetzgeber hat sich für eine starre Kappungsgrenze entschieden, denn die Mieter sollen wissen, was auf sie zukommen kann. Mieter erfahren durch einen Blick ins Gesetz, dass alle sechs Jahre eine Erhöhung um 3 € möglich ist, sofern der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen durchführt. 

Ich gehe davon aus, dass Vermieter, die viele wünschenswerte Maßnahmen durchführen, gegenüber Vermietern die immer mal wieder ein bisschen was machen, nicht benachteiligt werden sollen. Denn Ziel ist ein moderner Gebäudebestand – sogar ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2045.

Ich tendiere also ganz klar dazu, dass es möglich sein muss, auf eine umfangreiche Maßnahme auch mehrere Erhöhungen zu stützen.

Was ist bei der Ankündigung bzw. der Modernisierungsmieterhöhung zu beachten?

Um zu verhindern, dass sich Mieter auf Verzicht oder Verwirkung berufen können, sollte höchstvorsorglich in der Ankündigung oder der ersten Modernisierungsmieterhöhung auf die Kappungsgrenze hingewiesen werden und ein Vorbehalt weiterer Erhöhungen erklärt werden.

Wenn Sie jetzt denken, dass wir Ihnen das schon 2019 hätten sagen sollen…
Meines Erachtens ist ein solcher Vorbehalt nicht zwingend erforderlich. Die obige Argumentation, warum die Erhöhung auch noch später geltend gemacht werden kann, ist anhand des Gesetzestexts und der Gesetzesbegründung erfolgt. Diese sind bereits seit 2019 sowohl bei Mietern als auch bei Vermietern bekannt. Einer weiteren Erhöhung steht also nichts im Wege, oder?

Was ist bei Erhöhungen nach § 558 BGB zu beachten?

Möglicherweise steht eine zwischenzeitlich durchgeführte Mieterhöhung nach § 558 BGB im Wege. Wenn hier eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete erfolgte und dabei der modernisierte Zustand berücksichtigt wurde, dürfte dies einer weiteren Erhöhung des Modernisierungszuschlags entgegenstehen. 

Nach einer Erhöhung nach § 558 BGB noch eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB durchzuführen, ist nur dann möglich, wenn bei der Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558) der unmodernisierte Zustand berücksichtigt wurde. Hier ist jeweils durchzurechnen, welche Reihenfolge und welche Berechnungsmethode am wirtschaftlichsten ist.

Wenn also geplant ist, ab Beginn des siebten Jahres eine weitere Erhöhung wegen erfolgter Modernisierung zu machen, sollten Mieterhöhungen nach § 558 BGB nur unter ausdrücklicher Berücksichtigung unmodernisierten Zustands erfolgen.

Fazit:

Wenn umfangreich modernisiert wurde und der Modernisierungszuschlag gekappt ist, kann eine weitere Modernisierungsmieterhöhung ab dem siebten Jahr geltend gemacht werden. 
Es ist jedenfalls zu empfehlen, auf diese spätere Möglichkeit der Erhöhung auch in der Ankündigung und der ersten Mieterhöhung hinzuweisen. Vorsicht ist bei einer zwischenzeitlichen Erhöhung nach § 558 BGB geboten.

Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Bildnachweis: Pixabay

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