Bei der Vorbereitung auf ein Webinar bin ich auf ein interessantes Urteil des Amtsgerichts Brandenburg gestoßen, das auch einen Beitrag wert ist. Es geht um die Formalien der Kündigung des Mietverhältnisses durch die Mieter und um Kündigungsgründe. Die Mieter schickten die Kündigung an die Hausverwaltung und stützten diese auf die Störung des Hausfriedens und darauf, dass das Wasser nicht warm genug wurde. Wir haben hier also drei praxisrelevante Themen in einem Urteil. Das AG Brandenburg hat diese abgearbeitet und ist zu zutreffenden Ergebnissen gekommen, die Vermieter*innen und Hausverwalter*innen beachten müssen.
Was war passiert?
Im Mehrfamilienhaus, in dem die Mieter eine Wohnung angemietet hatten, gibt es Auseinandersetzungen mit anderen Mietern. Die Mieter behaupten Folgendes: Die Obermieter lärmen, beleidigen und bedrohen. Sie klebten den Klingelknopf fest. Der Hund der Obermieter veruneinigte das Treppenhaus und den Fußabtreter der Mieter. Es war wohl sehr unappetitlich.
Allerdings sind unsere Mieter nicht zu einem klärenden Gespräch mit Hausverwaltung und Obermietern bereit. Warum konnten sie auch vor Gericht nicht nachvollziehbar erklären.
Außerdem gibt es Probleme bei der Wasserversorgung: Das Wasser wird erst nach 50 Sekunden und 23,3 l 40 ºC warm. Nach 230 Sekunden und 107,3 l wird die Endtemperatur von 50,6 ºC erreicht.
Den Mietern reicht es, die erklären die fristlose
Kündigung wegen der Störung des Hausfriedens (wohl nach Abmahnung) gegenüber der Hausverwaltung. Die Vermieterin erklärt, sie habe die
Kündigung nicht erhalten. Außerdem störe sie – die Vermieterin ja nicht den Hausfrieden und die Temperatur reiche aus.
Die Mieter hatten auch hilfsweise die ordentliche
Kündigung erklärt. Diese hatte die Hausverwaltung auch bestätigt. Nach dem Auszug der Mieter stritten Vermieterin und Mieter über überzahlte
Miete und die Rückzahlung der Kaution.
Die Mieter wollten nämlich
Miete zurückhaben, denn wegen der Mängel (Obermieter und Wasser) sei die
Miete gemindert gewesen und sie hatten voll gezahlt. Aber ohne Vorbehalt, wendet die Vermieterin ein.
Viele Fragen hatte das Amtsgericht Brandenburg hier zu klären: Wann war das Mietverhältnis beendet? War die ordentliche
Kündigung wirksam (an den richtigen gerichtet)? War die fristlose
Kündigung wirksam? Gab es Mängel? War die
Miete gemindert? Können die Mieter trotz vorbehaltloser Zahlung
Miete zurückverlangen?
Hier finden Sie unsere Webinare und Videos zum Thema "Aktuelle Rechtsprechung im Mietrecht":
War die Kündigung an den richtigen gerichtet?
Eine Hausverwaltung eines Vermieters kann Empfangsvertreter des Vermieters hinsichtlich eines Kündigungsschreibens eines Mieters sein (§ 180 und § 542 BGB). Die Mieter konnten davon ausgehen, dass die Hausverwaltung empfangsbevollmächtigt ist. Das Gericht argumentiert hier damit, dass die Hausverwaltung die Wohnung übergab und übernahm. Sie bestätigte den Erhalt der
Kündigung und das Mietende zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Es kommt nicht darauf an, wann und wie die Hausverwaltung die Vermieterin von der
Kündigung in Kenntnis gesetzt hat.
Damit war die
Kündigung grundsätzlich wirksam – nur zu welchem Datum?
Lag ein Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung vor?
Grund für eine fristlose
Kündigung ist eine Vertragsverletzung durch die andere Partei. Die Vermieterin hat hier aber gar nichts gemacht. Nichts tun kann eine Vertragsverletzung sein, wenn eine Handlungspflicht besteht. Dies ist hier der Fall. Das Gericht führt aus:
Stören Nutzer eines Hauses den Hausfrieden, können hierdurch gestörte Mieter ihr Mietvertragsverhältnis unter bestimmten Bedingungen sogar fristlos kündigen, wenn der Vermieter es unterlässt, diese Störungen des Hausfriedens (ggf. durch
Kündigung der anderen Nutzer) zu unterbinden.
Im konkreten Fall war das grundsätzliche Problem aber, dass die Mieter den
Mangel – also das Stören des Hausfriedens durch die Nachbarn – nicht beweisen konnten. Die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels tragen die Mieter.
Weitere Voraussetzungen für die fristlose
Kündigung wäre im konkreten Fall eine
Abmahnung gewesen. Ob diese ausgesprochen wurde, gibt der veröffentlichte Sachverhalt nicht her.
Die
Kündigung wurde offensichtlich nicht auf die Probleme mit der Warmwasserversorgung gestützt, daher komme ich erst später dazu.
Das Zwischenergebnis ist jedenfalls: die ordentliche
Kündigung ist wirksam, die außerordentliche nicht.
Lag ein Mangel an der Warmwasserversorgung vor?
Ja. Eine Warmwasserversorgung rund um die Uhr gehört im Regelfall zur Gebrauchstauglichkeit einer Wohnung. Weist die Temperatur des Warmwassers nach ca. 15 Sekunden noch keine 40 °C bis 43 °C und nach ca. 30 Sekunden keine 55 °C auf (DIN 1988-200) kann ein Mietmangel vorliegen, der die Mieter der Wohnung berechtigt Mietminderungsansprüche gegenüber dem Vermieter geltend zu machen. Im konkreten Fall wurden überhaupt nicht 55 °C erreicht und 42 °C erst nach einer Minute.
Ist die Miete gemindert?
Ja, wenn ein
Mangel vorliegt und auch angezeigt wurde, ist die
Miete gemindert. Das Gericht sprach nur 5%
Mietminderung zu – eine geringe Quote für Probleme mit der Wasserversorgung.
Können die Mieter die Miete in Höhe dieser 5% zurückverlangen?
Grundsätzlich kann nichts zurückverlangt werden, was gezahlt wurde, obwohl der Zahlende wusste, dass er nichts schuldet. Wenn also bei uns im Büro (nach unserem Umzug) noch erhebliche Mängel vorhanden sind und wir die Mängel kennen und die
Miete vorbehaltlos zahlen, braucht unser Vermieter uns diese nicht zurückzuzahlen. Wer etwas zahlt, obwohl er nicht Nichtschuld kann, hat Pech gehabt.
Dies gilt bei der
Miete immer dann nicht, wenn der
Mangel erst im laufenden Monat auftritt und die
Miete bereits am Monatsanfang gezahlt wurde oder wenn mit einer zeitnahen Beseitigung des Mangels gerechnet werden kann. In diesen Fällen, weiß der Mieter (noch) nicht, dass und wieviel er mindern kann.
Außerdem gehen die Gerichte davon aus, dass bei Wohnraummietern die Kenntnis der Nichtschuld schwer nachzuweisen ist. Weiß ein Mieter wirklich, dass er mindern kann? Das OLG Brandenburg hat dies im Jahr 2019 für ein Gewerbeunternehmen bejaht. Für Wohnraummieter wird dies meist verneint.
So auch in unserem Fall. Das AG Brandenburg sprach den Mietern hier den Rückzahlungsanspruch zu.
AG Brandenburg, Urteil vom 13.2.2023 – 31 C 210/21 (nicht rechtskräftig)