Mietminderung für Baustelle in der Nachbarschaft
Mietminderung für Baustelle in der Nachbarschaft
Auch an dieser Stelle haben wir schon darübergeschrieben: Ist die Miete gemindert, wenn in der Nachbarschaft gebaut wird? Bisher war die Rechtsprechung – besonders in Berlin – uneinheitlich. Nun hat der BGH dazu ein Urteil gefällt. Die für Vermieter durchaus erfreulichen Ergebnisse dieses Urteils werden nun kurz dargestellt:
Wenn im Verlauf eines Mietverhältnisses erhöhte Geräusch-und Schmutzimmissionen auftreten, weil auf dem Nachbargrundstück gebaut wird, ist die Miete des Wohnungsmieters nicht gemindert, wenn dazu nichts im Mietvertrag geregelt ist und auch der Vermieter diese Immissionen ohne eigene Abwehr-oder Entschädigungsmöglichkeit hinnehmen muss.
Das bedeutet zunächst, dass zwei Punkte zu prüfen sind:
Was ist im Mietvertrag geregelt? Gibt es eine Beschaffenheitsvereinbarung?
Wenn es eine Beschaffenheitsvereinbarung dazu gibt – also eine Regelung im Mietvertrag oder eine Vereinbarung außerhalb des Mietvertrags, könnte jeder Baulärm oder jede Lärmimmission bereits zu einer Minderung führen. Dann liegt nämlich ein Mangel der Mietsache vor, weil die tatsächliche Beschaffenheit von der vereinbarten Beschaffenheit negativ abweicht.
In der Regel wird in Mietverträgen aber keine Regelung zu Baumaßnahmen in der Nachbarschaft enthalten sein. Viele Gerichte gingen in der Vergangenheit von stillschweigenden Vereinbarungen aus. Diese Vereinbarungen sollten sich aus dem Zustand bei der Besichtigung der Wohnung oder der Übergabe der Wohnung ergeben. Der BGH führt nun aus, dass es keine stillschweigende Vereinbarung dahingehend gibt, dass die Wohnung immer frei von Baustellenlärm ist. Wenn also nichts im Mietvertrag geregelt ist oder bei den Mietvertragsverhandlungen besprochen wurde, dürfte eine spezielle Beschaffenheitsvereinbarung zu diesem Punkt ausscheiden.
Die zweite Frage ist:
Kann der Vermieter Ansprüche gegen den Nachbarn geltend machen und wer muss dies beweisen?
Zunächst richtet sich die Beweislast nach den allgemeinen Grundsätzen des Wohnraummietrechts. Derjenige, der einen Mangel vorträgt und behauptet, muss ihn auch beweisen. Also muss auch der Mieter bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung beweisen, dass die Intensität der Baumaßnahmen so groß ist, dass der Vermieter eigene Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gegen den bauenden Nachbarn hat.
Der BGH führt hier aus, dass es keinen Erfahrungssatz gebe, wonach Baulückenschließungen typischerweise mit so starken Immissionen von Schmutz und Lärm einhergehen, die zu einer Mietminderung führen. Der Mieter muss also genau vortragen, welchen Belastungen er sich ausgesetzt sieht.
Der Mieter muss hier detailliert vortragen. Allerdings braucht er, so der BGH kein Lärmprotokoll vorzulegen oder Schallwerte anzugeben. Er muss nur „eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen“ vortragen.
Wenn der Mieter dies getan hat, ist der Vermieter an der Reihe. Wenn er keine Mietminderung gewähren will, muss er in einem zweiten Schritt die Tatsachen vortragen und beweisen, die sich aus seiner Sphäre ergeben, also zum Beispiel grundstücksbezogen sind.
Fazit
Das Urteil ist sehr interessant. Es ist insoweit auch interessengerecht. Nicht jede Baumaßnahme oder Lärmimmission führt zu einer Minderung. Der Mieter muss genau darlegen, wodurch er in welcher Weise gestört wurde. Andererseits ist auch der Vermieter verpflichtet, gegen diejenigen Immissionen vorzugehen, wegen derer er auch Ansprüche gegen den Nachbarn hat. Erst wenn er dies getan hat und erfolglos war, kann er auch die Minderungsansprüche seiner Mieter abwehren.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.4.2020, Az. VIII ZR 31/18
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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