Wer haftet für Wasserschäden, wenn eine Silikonfuge defekt ist?
26.01.2022
Wer haftet für Wasserschäden, wenn eine Silikonfuge defekt ist?
Nicht nur Urteile des V. (Wohnungseigentumsrecht), VIII. (Wohnraummietrecht) oder XII: (Gewerberaummietrecht) Zivilsenats des BGH sind für uns interessant. Der IV. Zivilsenat hat ein für Eigentümer und Eigentümergemeinschaften wichtiges Urteil erlassen. Es geht um die Wohngebäudeversicherung und dort um den versicherten Leitungswasserschaden. Der Wohngebäudeversicherer hat nicht für Nässeschäden aufgrund einer undichten Fuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand einzustehen (BGH, Urteil vom 20.10.2021, Az. IV ZR 236/20). In diesem kurzen Beitrag wird das Urteil kurz erklärt und erläutert, welche Auswirkungen dies hat.
Worum geht es?
In den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 2008) ist Folgendes geregelt:
„1. Bruchschäden innerhalb von Gebäuden
Der VR leistet Entschädigung für innerhalb von Gebäuden eintretende …
b) frostbedingte Bruchschäden an nachfolgend genannten Installationen:
aa) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Armaturen …
2. Bruchschäden außerhalb von Gebäuden
…
3. Nässeschäden
Der VR leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen.
Das Leitungswasser muss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasser- oder Dampfheizung, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, aus Wasserlösch- und Berieselungsanlagen sowie aus Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein.
…“
Der BGH hatte nun die Frage zu entscheiden, ob der Wassereintritt durch eine defekte Silikonfuge zwischen der Duschwanne und der Wand ein versicherter Leitungswasserschaden ist. Der BGH hat geprüft, ob in einem solchen Fall Wasser aus „den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen“ ausgetreten ist. Bisher wurde diese Frage von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. Der BGH verneint dies, weil der Luftraum über der Duschwanne und die einzelnen Bestandteile eben keine einheitliche Einrichtung und damit auch nicht mit dem Rohrsystem verbunden sind. Dass der Versicherungsnehmer einen lückenlosen Schutz erwarte, steht dem nicht entgegen. Denn aus den Versicherungsbedingungen geht klar hervor, dass nur bestimmte Wasserschäden versichert sind. Die Quellen für den Leitungswasserschaden sind abschließend aufgezählt.
Beispielsfall
In einer vermieteten Eigentumswohnung ist die Silikonfuge zwischen Wanne und Wand brüchig, so dass dort Wasser eintritt. Das Wasser läuft durch den Boden des Bades und tritt in der darunterliegenden Wohnung wieder aus. Die Deckenleuchten des Nachbarn werden beschädigt und es bildet sich ein Wasserfleck. Hier stellen sich die Fragen: Wer haftet für die Schäden am Gemeinschaftseigentum (durchfeuchtete Decke/Boden) und am Sondereigentum des Nachbarn (Wasserfleck und Leuchten)? Ändert sich etwas, wenn der Mieter die Silikonfuge entfernt hat und der Vermieter dies nicht wusste?
Wer haftet für den Schaden am Gemeinschaftseigentum?
Für die Beseitigung der Schäden am Gemeinschaftseigentum ist die Gemeinschaft verantwortlich. Der Sondereigentümer dürfte gegenüber der Gemeinschaft auf Schadensersatz haften. Über die Vorgehensweise in einem solchen Fall und die Kostenverteilung kann bzw. muss die Gemeinschaft beschließen. Notmaßnahmen führt der WEG-Verwalter selbstverständlich ohne Beschluss aus.
Wer haftet für den Schaden (am Sondereigentum) des Nachbarn?
Sondereigentümer haften untereinander aus dem Nachbarschaftsrecht (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB). Dieser nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist gegeben, wenn vom Eigentum im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Eigentum ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer nicht dulden müssen, aber nicht verhindern können. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig und erstreckt sich auf das Sondereigentum, aber auch auf sonstige Rechtsgüter, wie das Eigentum an den Lampen.
Ändert sich etwas, wenn der Mieter den Schaden verursacht hat?
In einer neueren Entscheidung hat der BGH entschieden, dass der Eigentümer einer vermieteten Einheit dann nicht haftet, wenn der Schaden allein aufgrund des Fehlverhaltens des Mieters entstanden ist (BGH, Urteil vom 18.12.2020, V ZR 13/19).
Wenn aber der Schaden auch deswegen entstanden ist, weil ein Bauteil nicht ordnungsgemäß beschaffen war – wie dies bei einer alten Silikonfuge der Fall sein kann – haftet auch der Sondereigentümer der vermieteten Einheit.
Wenn also der Schaden nur deswegen entstanden ist, weil der Mieter die Silikonfuge entfernt hat, haftet der Mieter. Wenn der Mieter aber eine defekte Silikonfuge entfernt hat, um sie zu erneuern und der Wasserschaden geschah in der Zwischenzeit, haftet auch hier der vermietende Sondereigentümer.
Ist ein solcher Schaden anderweitig versichert?
Ob ein solcher Schaden bereits versichert ist – z.B. in eine Haftpflichtversicherung – kann hier nicht geprüft werden. Sowohl die WEG als auch die einzelnen Eigentümer sollten ihre jeweiligen Versicherungsverträge auf Haftungslücken prüfen. Gegebenenfalls können Schäden, die durch undichte Silikonfugen entstanden sind, versichert werden. Gegebenenfalls treten hier Haftpflichtversicherungen für den Schaden ein. Hier empfehlen wir eine Klärung mit dem jeweiligen Versicherer bzw. Versicherungsmakler.
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