Steuern runter und wieder rauf
Mit welchem Umsatzsteuersatz werden Rechnungen des Gasversorgers abgerechnet?
05.07.2023Hintergrund
Der Gesetzgeber hat die Umsatzsteuer für den Zeitraum 1. Oktober 2022 bis 31. März 2023 von 19% auf 7% abgesenkt. Die Absenkung gilt nicht nur für die Lieferung von Gas und Fernwärme, sondern auch für die Lieferung per Tanklastwagen, die Lieferung von Biogas und sogar für das Legen eines Gas-Hausanschlusses.
Wird von den Versorgern monatlich oder quartalsweise abgerechnet, entsteht kein stichtagsübergreifender Abrechnungszeitraum. Fraglich ist, wie abzurechnen ist, wenn eine halbjährliche oder jährliche Abrechnung erfolgt.
Zeitscheibe gegen Stichtag
Vertreten werden dazu verschiedene Ansichten.
Das sog. Stichtagsmodell bestimmt die Umsatzsteuer nach dem jeweiligen Abrechnungsstichtag. Fällt dieser auf den 1. Oktober 2022 oder später wird der gesamte Abrechnungszeitraum mit einer Umsatzsteuer von 7% abgerechnet. Im Grundsatz richtet sich die Höhe des Umsatzsteuersatzes nach dem Zeitpunkt, indem die jeweilige Leistung ausgeführt wurde. Bei Gas- und Wärmelieferungen gilt die Leistung mit Ablauf des jeweiligen Ablesezeitraums als ausgeführt. Danach wäre also mit dem Stichtagsmodell derjenige Steuersatz anzuwenden, der bei Ablauf des Ablesezeitraums galt. Endet der Ablesezeitraum z.B. zum 31. Dezember 2022 wäre auf den gesamten Zeitraum der Steuersatz von 7% anzuwenden.
Nach dem sog. Zeitscheibenmodell werden die Abrechnungszeiträume für den Zeitraum vor und nach dem 1. Oktober 2022 differenziert betrachtet. Der Verbrauch vor dem 1. Oktober 2022 wird mit 19% Umsatzsteuer abgerechnet, der Verbrauch ab dem 1. Oktober 2022 mit 7%.
Allerdings hat das Bundesfinanzministerium in seiner Erläuterung vom 25. Oktober 2022 (GZ III C 2 - S7030/22/10016:005) klargestellt, dass seitens der Finanzämter grundsätzlich sowohl das Stichtagsmodell als auch das Zeitscheibenmodell akzeptiert werden. Darüber hinaus werden die Finanzämter es ebenfalls zulassen, dass für die Jahr 2022 und 2023 das Stichtagsmodell und für das Jahr 2024 sodann das Zeitscheibenmodell angewandt werden dürfen. Dies würde für den Steuerzahler die größtmögliche Steuerersparnis bedeuten. Der Staat will also die wenigsten Steuern.
Verpflichtungen der Lieferanten?
Eine direkte Anspruchsgrundlage für Verbraucher auf die Anwendung des einen oder des anderen Modells hat der Gesetzgeber nicht geschaffen. Wollen sich Verbraucher gegen eine für sie ungünstigere Abrechnung zur Wehr setzen, sind sie auf allgemeine Gesetzesgrundsätze, wie Treu und Glauben oder das gegenseitige Rücksichtnahmegebot angewiesen. Vertreten wird hier, dass den Lieferanten die Pflicht der günstigsten Abrechnung trifft. Aber das folgt – wie gesagt – aus Treu und Glauben. Ein Urteil hierzu ist bislang nicht veröffentlicht.
Nach den derzeitigen Erkenntnissen aus der Praxis sind sehr viele Gasversorger gewillt, die Steuervergünstigung bestmöglich an die Verbraucher weiterzureichen, ob dieser Anspruch aber vor Gericht durchgesetzt werden kann, ist leider offen.
Fazit
Unsere Empfehlung ist: Sprechen Sie mit Ihrem Lieferanten. Wir gehen davon aus, dass er im Interesse der Zusammenarbeit die günstigste Variante wählt.
Autoren: Yvonne Agorski und Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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