Die Wohnfläche einer Türnische
Wenn der Türrahmen über die Räumung entscheidet
20.12.2023Flächenberechnungen und Flächenabweichungen sind häufig Streitthema zwischen Mieter und Vermieter. Wenn die Fläche einer Wohnung mehr als 10% von der im Mietvertrag angegebenen Fläche abweicht, liegt ein Mangel vor und die Miete ist gemindert. Die Fragen sind: Wonach wird die Fläche berechnet? Und wie groß ist die Wohnung wirklich? UND was ist im Mietvertrag vereinbart?
Wenn im Mietvertrag eine Fläche angegeben ist - auch mit einer „ca“-Angabe -, aber keine Angaben zur Flächenberechnung gemacht sind, wird die Fläche nach der Wohnflächenverordnung berechnet. Inwieweit hier andere Berechnungsmethoden für Wohnflächen durch allgemeine Geschäftsbedingung vereinbart werden können, ist umstritten.
Noch besser ist es, keine Flächenangabe im Mietvertrag zu machen oder darauf hinzuweisen, dass diese Angabe keine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt, sondern nur der allgemeinen Beschreibung dient. Dann kann auch nichts abweichen.
Wenn nun aber doch eine Angabe erfolgte und Einigkeit darüber besteht, dass die Wohnflächenverordnung Anwendung findet, kann weiter gestritten werden und zwar darum, wie einzelne Flächen zu bewerten sind. Dies gilt namentlich für Balkone, Loggien, Dachgärten usw. Hier gibt § 4 Ziffer 4 WoFlV einen Rahmen von einer Anrechnung zu ¼ bis zu ½ der Grundfläche vor. Welcher Maßstab anzuwenden ist, kann im Mietvertrag vereinbart werden. Wenn nichts vereinbart ist, gilt die Verkehrsanschauung. Das Ergebnis wird dann meist durch ein Gutachten ermittelt.
Und selbst wenn das geklärt ist, kann noch weiter gestritten werden, nämlich über Türnischen.
Fall:
Laut Mietvertrag hat die Wohnung eine Fläche von ca. 48 m². Die Mieterin hält die Wohnung für mehr als 10% kleiner und mindert die Miete. Der Vermieter kündigt irgendwann wegen Zahlungsverzugs. Es kam hier mithin für die Räumung darauf an, wie groß die Wohnung war.
Das gerichtliche Gutachten ermittelte 43,38 m², also eine Abweichung von 9,96%. Eine andere Berechnungsmethode kam auf 43,18 m², also eine Abweichung von 10,04%. Dieser Unterschied von 20 dm² ergab sich daraus, dass einmal Türnischen/Wanddurchbrüche nicht berücksichtigt wurden und das andere Mal schon.
Nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 WoFLV sind Türnischen nicht zu berücksichtigen. Die Frage war also, sind diese Wanddurchbrüche zwischen zwei Zimmern Türnischen oder nicht.
Das Landgericht stellte darauf ab, dass diese Durchbrüche keine Türnischen waren, weil keine Türzarge vorhanden war. Die Grundfläche dieser Wanddurchbrüche von 20 dm² ist also zu berücksichtigen. Die Mieterin ging in Revision.
Das Urteil
Der BGH sah das anders. Der BGH wollte, dass hier mehr ermittelt wird, und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Zunächst klärte der BGH den Begriff der Türnische.
Eine Türnische ist eine Öffnung in einer – die Grundfläche eines Raums begrenzenden – Wand, die einen Durchgang durch diese ermöglicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Türzarge und/oder eine Tür vorhanden sind. Diese wird nicht berücksichtigt, weil die Türnische dem Durchgang dient und keinen eigenen Wohnwert hat.
Es ist aber eben auch denkbar, dass Öffnungen zwischen zwei Räumen einen eigenen Wohnwert haben und damit zu berücksichtigen sind. Dies sollte hier im Fall noch ermittelt werden.
Fazit:
Sehr kleine Flächen können auch für eine Minderung und Räumung das Zünglein an der Waage sein. Einem Durchgang kann ein eigener Wohnwert zukommen. Denkbar ist dies zum Beispiel bei sehr dicken Wänden.
Es ist zu empfehlen, vor der Vermietung die Flächen möglichst genau zu vermessen, damit Streit über Türnischen, Wandschrägen oder ähnlichem vermieden werden kann.
Wollen Sie regelmäßig Infos zu neuen Videos, Webinaren, zum Immobilienrecht und Wissen für Immobilienverwalter erhalten? Dann melden Sie sich hier zum Newsletter an.
Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Bildnachweis: Pixabay