Der digitale Türspion in der Wohnungseigentümergemeinschaft
Wenn die Spionage digitalisiert wird
23.01.2025Wann ist eine bauliche Veränderung eine bauliche Veränderung? Und wie ist das mit der Privilegierung? Wer muss hier den Datenschutz beachten oder doch nicht? Alle diese Fragen stellen sich beim Einbau eines Türspions. Früher war das einfach ein kleines Loch in der Tür mit Lupe; heute haben wir mannigfaltige rechtliche Probleme. Ein Urteil des LG Karlsruhe aus dem letzten Jahr bringt Licht ins Dunkel der Spionage.
Was war passiert?
Ein Eigentümer hat eigenmächtig den vorhandenen Türspion gegen einen digitalen Türspion mit Kamerafunktion ausgetauscht. Das Loch in der Tür war also da. Die Kamera hat aber keine Speicherfunktion und kann das Signal nicht an andere Geräte weitergeben. Der Eigentümer sagt, so könne er besser sehen. Nachbarn klagen dagegen, die ihr Persönlichkeitsrecht verletzt sehen.
Wie ist das rechtlich?
Die erste Frage ist, dürfen einzelne Eigentümer klagen oder muss das die Gemeinschaft (GdWE) tun. Schließlich ist das Gemeinschaftseigentum betroffen. § 9a Abs. 2 WEG bestimmt, dass die GdWE die Rechte einzelner Wohnungseigentümer ausübt, wenn diese eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Dies kann hier bejaht werden. Aber hier geht es auch um die Betroffenheit eigener Rechte, nämlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dies ist von § 9a Abs. 2 WEG nicht umfasst und die einzelnen Eigentümer, die sich beeinträchtigt fühlen, sind prozessführungsbefugt.
Außerdem ist an der Schnittstelle zwischen WEG-Recht und Datenschutzrecht festzuhalten, dass eine Videoüberwachung geeignet ist, Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Es bedarf für jede Form der Videoüberwachung öffentlicher oder gemeinschaftlicher Flächen einer Rechtsgrundlage.
Wenn keine Daten gespeichert werden oder eine Kameraattrappe verwandt wird, liegt zwar kein Datenschutzproblem vor, weil eben keine Daten verarbeitet werden. Der Überwachungsdruck durch die Attrappe ist aber genauso gegeben, als würde eine echte Überwachung stattfinden. Auch dieser Überwachungsdruck führt zu einer Persönlichkeitsverletzung. Aus diesem Grund haben auch Mieter in Mietshäusern Unterlassungsansprüche gegen Vermieter die Attrappen oder Schilder „Achtung Video überwacht!“ aufhängen.
Der Einbau eines digitalen Türspions in eine Wohnungseingangstür ist eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums. Diese hat auch – wegen der Kamerafunktion – Auswirkungen auf die anderen Eigentümer. Eine solche bauliche Änderung muss beschlossen werden.
Was entschied das Gericht?
Folgerichtig entschied das Gericht, dass der digitale Türspion wieder ausgebaut werden muss und durch eine analogen zu ersetzen ist.
Darf also der Eigentümer den digitalen Spion nicht einbauen?
Er darf das nicht ohne Beschluss. Er ist also gehalten, die Eigentümerversammlung zu involvieren und hier einen Beschluss herbeizuführen. Er dürfte auch einen Anspruch auf den Einbau gegen die Gemeinschaft haben. Denn der digitale Türspion stellt eine privilegierte Maßnahme dar. Er dürfte dem Gebrauch von Menschen mit (Seh-)Behinderungen dienen.
Fazit
Das Urteil stellt nochmal klar: Für jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums bedarf es eines Beschlusses. Daher muss der Eigentümer zurückbauen, selbst wenn er einen Anspruch auf einen solchen Beschluss hat.
Wenn Eigentümer in ihre höchstpersönlichen Rechten und ihrem Sondereigentum gestört sind, können sie nach wie vor selbst klagen.
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Autorin: Katharina Gündel - GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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