BGH - VIII ZR 305/19 - Urteil vom 18.03.2021

BGH - VIII ZR 305/19 - Urteil vom 18.03.2021
11.11.2024

Tatbestand

1. Der Musterkläger (im Folgenden: Kläger) ist ein unter der laufenden Nummer seit dem 1. Januar 2001 in der vom Bundesamt für Justiz gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UKlaG geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG eingetragener Mieterverein. Die Musterbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist Eigentümerin eines Wohnblocks mit insgesamt 23 Gebäuden in München.

2. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 kündigte der Verwalter der Immobilie namens und im Auftrag der Beklagten allen Mietern Modernisierungsmaßnahmen an, die im Zeitraum von Dezember 2019 bis Juni 2023 durchgeführt werden sollten. Als durchzuführende Arbeiten werden in dem Schreiben die Anbrin-
gung einer Wärmedämmung an den Außenwänden, der Austausch sämtlicher Fenster (mit Ausnahme der Dachflächenfenster), die Anbringung von Rollläden an sämtlichen Wohnungsfenstern (mit Ausnahme der Dachflächenfenster) sowie im Erdgeschoss der Austausch der straßenseitigen Rollläden, der Anbau von Balkonen zum Innenhof hin sowie der Austausch der Wohnungseingangstüren
nebst Zargen genannt. Die Baumaßnahmen würden die Einsparung von Energie sowie eine Steigerung des Wohnwertes bezwecken.


3. Zum Durchführungszeitraum heißt es in dem Schreiben, dass die Modernisierungsmaßnahme an den insgesamt 23 Gebäuden erst in etwa einem Jahr ausgeführt werde, da sie einen erheblichen planerischen Vorlauf habe. Sie werde
beginnend ab Dezember 2019 in sechs Bauabschnitten durchgeführt, wobei ab Dezember 2019 bis Februar 2021 zunächst Fundamente für Balkone erstellt würden. In dem Schreiben werden die weiteren Bauabschnitte benannt unter Angabe des jeweiligen zeitlichen Beginns und Endes.

4. Inhaltlich nennt das Schreiben getrennt für die verschiedenen Maßnahmen die auszuführenden Arbeiten, die Höhe der Energieeinsparung oder der Steigerung des Wohnwertes, den Anteil der darin eingeschlossenen Instandsetzungsmaßnahmen und die jeweils erforderlichen Arbeiten in der Wohnung und
deren Zeitdauer.

5. Das Schreiben enthält für die einzelnen geplanten Maßnahmen eine Angabe und Erläuterung der voraussichtlichen Kosten, die auf die jeweilige Wohnung entfallen, und eine Angabe des den Mieter betreffenden Gesamtumlagebetrags sowie der voraussichtlichen Mieterhöhung. Hierzu wird erklärt, dass sich
der angegebene, auf die jeweilige Wohnung entfallende Gesamtumlagebetrag auf Grund der zu erwartenden Preissteigerungen voraussichtlich erhöhen, die Beklagte im Rahmen der Mieterhöhung jedoch höchstens den im Ankündigungsschreiben genannten Betrag umlegen werde.

6. In dem Anschreiben wird sodann auf das Sonderkündigungsrecht nach § 555e BGB hingewiesen, wobei die dort genannte Kündigungsfrist zu Gunsten der Mieter verlängert werde auf bis zu drei Monate vor dem Termin, zu dem die Bauarbeiten an dem Gebäude, in dem sich die jeweilige Wohnung befinde, beginnen würden. Abschließend weist das Schreiben auf Form und Frist des Härteeinwands nach § 555d BGB hin, wobei die Frist zum Vorbringen von Härtegründen betreffend die Duldung und die Mieterhöhung bis zum 30. Juni 2019 verlängert werde.

7. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Januar 2019 auf, gegenüber einer Reihe seiner Mitglieder zu erklären, dass die angekündigten Mieterhöhungen nicht wie beabsichtigt nach § 559 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2018 gültigen Fassung, sondern nach der ab dem 1. Januar 2019
gültigen Fassung vorgenommen würden. Dem kam die Beklagte nicht nach, weshalb der Kläger die vorliegende Musterfeststellungsklage erhoben hat.

8. Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt die Feststellung beantragt, dass die mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 erfolgten Modernisierungsankündigungen nicht Grundlage einer Mieterhöhung sein könnten. Hilfsweise hat er verschiedene Feststellungsanträge erhoben, die mit unterschiedlichen Formulierungen die Unwirksamkeit der Ankündigung und die Anwendung des seit 1. Januar 2019 geltenden Rechts für die beabsichtigte Mieterhöhung betreffen. Im Einzelnen hat
der Kläger mit seinen (gestaffelten) Hilfsanträgen die Feststellung erstrebt, dass aufgrund der Ankündigung vom 27. Dezember 2018 (1) eine Mieterhöhung nach § 559 BGB nicht erfolgen könne, (2) dass die genannte Ankündigung rechtswidrig, (3) unbegründet, (4) rechtsmissbräuchlich, (5) treuwidrig sei, dass sie (6) nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 555c BGB entspreche, dass sie (7) keine Gestaltungswirkung auf die Rechtsverhältnisse der Mieter entfalte, dass (8) eine darauf gestützte Mieterhöhung nach § 559 BGB nur nach dessen neuer, ab 1. Januar 2019 gültigen Fassung erfolgen könne bzw. (9) eine solche Mieterhöhung der Grenze von 8 Prozent gemäß § 559 Abs. 1 BGB nF und der Kappungsgrenze gemäß § 559 Abs. 3a BGB nF nach dem Mietrechtsanpassungsgesetz vom 18. Dezember 2018 unterliege.

9. Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es auf den vorletzten Hilfsantrag festgestellt hat, dass die den Mietern der Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 angekündigte Mieterhöhung nicht gemäß Art. 229 § 49 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach dem bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Recht erfolgen könne.

10. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Mit der Anschlussrevision verfolgt der Kläger in erster Linie seinen Hauptantrag sowie hilfsweise den letztrangigen Hilfsantrag weiter. Durch letzteren ersetzt er den vom Oberlandesgericht in abgewandelter Formulierung zugesprochenen vorletzten Hilfsantrag.

Urteil

Auf die Revision der Musterbeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - Senat für Musterfeststellungsklagen - vom 15. Oktober 2019 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussrevision des Musterklägers wird zurückgewiesen.
Der Musterkläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.


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