Wie werden Mietzahlungen verrechnet? – Teil 2

Wie werden Mietzahlungen verrechnet? – Teil 2
12.07.2019

Anwälte von Vermietern können ein Lied davon singen; Hausverwalter und Buchhalter wissen auch oft nicht weiter: Wie werden Zahlungen, die auf das Mieterkonto geleistet werden, verrechnet? Welche Forderungen werden getilgt?

Die Entscheidung dieser Frage ist maßgebend für die Erstellung von Betriebskostenabrechnungen, aber auch für Kündigungen wegen Zahlungsverzugs. Im März letzten Jahres hat der Bundesgerichtshof hier in zwei Urteilen konkrete Handlungsanweisungen für die Praxis gegeben (BGH, Urteile vom 21.03.2018, Az. VIII ZR 68/17 und VIII ZR 84/17). In zwei Beiträgen wollen wir erläutern, welche Grundsätze bei der Verrechnung zu beachten sind.

Im ersten Teil hatten wir die Grundsätze der Verrechnung kurz erläutert. Im zweiten Teil folgen nun einzelne Beispielsfälle.

Teil 2 – Fallbeispiel zur Verrechnung von Zahlungen auf das Mieterkonto

Fall 1: Die Miete beträgt 750 €, bestehen aus Nettokaltmiete von 500 € und Betriebskostenvorschüssen von 250 €. Der Mieter zahlt mit Tilgungsbestimmung „Juli 2019“ einen Betrag von 750 €. Diese Zahlung tilgt die Miete für Juli 2019 vollständig.

Fall 1a)
Wie Fall 1, aber der Mieter zahlt nur 600 € und beruft sich auf eine Mietminderung von 20%. Sind jetzt die Betriebskostenvorauszahlungen oder die Nettokaltmiete oder beide anteilig getilgt?

Exkurs: Wie ist geminderte Miete zu verrechnen?

Der BGH hat 2006 entschieden, dass sich die Minderung immer auf die Gesamtmiete, also auch auf die Betriebskosten bezieht. Daher werden eigentlich auch die Betriebskostenvorauszahlungen und die Betriebskostenabrechnung gemindert.

Ist die Mietminderungsquote zwischen Vermieter und Mieter unstrittig, zahlt der Mieter, das was geschuldet und im Mieterkonto eingebucht ist. Der Vermieter bucht dann also Sollstellungen ins Mieterkonto eine Miete von 600 €, bestehend aus Nettokaltmiete von 400 € und Betriebskostenvorschüssen von 200 €. Die Zahlung von 600 € tilgt die Forderung vollständig.

Ist die Mietminderung strittig, empfehlen wir die Zahlungen zunächst voll auf die Betriebskostenvorauszahlungen und dann auf die Nettokaltmieten zu verrechnen, also 250 € auf die Betriebskostenvorauszahlungen und 350 € auf die Nettokaltmiete. Dann sind 150 € Nettokaltmiete offen. Damit sind die unsichereren Betriebskostenvorauszahlungen ausgeglichen und gestritten wird gegebenenfalls über die Nettokaltmiete.

Fall 1b)
Bis Juni 2019 betrug die Miete 700 €, bestehend aus 500 € Nettokaltmiete und 200 € Betriebskostenvorschuss. Ab Juli wird der Vorschuss auf 250 € erhöht. Der Mieter zahlt 700 € (so wie jeden Monat zuvor).

Eine Tilgungsbestimmung kann auch vorliegen, wenn eine Mieterhöhung eingetreten ist und der Mieter die alte Miete weiter zahlt. Dann liegt eine sogenannte konkludente Tilgungsbestimmung vor, also eine Tilgungsbestimmung durch schlüssiges Handeln. Dann zahlt der Mieter entsprechend der alten Miete und nicht auf den erhöhten Teil.

Im Beispielsfall sind die Nettokaltmiete in Höhe von 500 € und die Betriebskostenvorschüsse in Höhe von 200 € getilgt. Offen sind 50 € auf den Betriebskostenvorschüssen.

Fall 1c)
Bis Juni 2019 betrug die Miete 700 €, bestehend aus 450 € Nettokaltmiete und 250 € Betriebskostenvorschuss. Ab Juli wird tritt eine Staffelerhöhung um 50 € in Kraft. Der Mieter zahlt 700 € (so wie jeden Monat zuvor).

Im Beispielsfall 1c) sind die Nettokaltmiete in Höhe von 450 € und die Betriebskostenvorschüsse in Höhe von 250 € getilgt. Offen ist Nettokaltmiete in Höhe von 50 €.ortant;}”]Fall 1d)
Wenn keine ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung vorliegt, wird die Zahlung zunächst auf die Betriebskostenvorauszahlungen verrechnet und dann auf die Nettokaltmiete. Die Betriebskostenvorauszahlungen sind unsicherer als die Nettokaltmieten, weil diese nach Ablauf der Abrechnungsfrist nicht mehr geltend gemacht werden können. Daher werden diese nach § 366 BGB zuerst getilgt.

Die Miete beträgt 750 €, bestehen aus Nettokaltmiete von 500 € und Betriebskostenvorschüssen von 250 €. Der Mieter zahlt mit Tilgungsbestimmung „Juli 2019“ einen Betrag von 300 €. Eine schlüssige Tilgungsbestimmung ist nicht erkennbar. Getilgt sind die Betriebskostenvorschüsse von 250 € und Nettokaltmiete von 50 €, offen ist Nettokaltmiete von 450 €.

Fall 1f)
Für den Fall, dass im Fall 1 die Julimiete bereits ausgeglichen ist oder die Zahlung den zu tilgenden Betrag übersteigt, gilt für den übersteigenden Teil das unten in den Fällen 3 ausgeführte.

Fall 2)
Die Miete beträgt 750 €, bestehen aus Nettokaltmiete von 500 € und Betriebskostenvorschüssen von 250 €. Der Mieter zahlt ohne Tilgungsbestimmung am 4.Juli 2019 einen Betrag von 750 €. Diese Zahlung tilgt die Miete für Juli 2019 vollständig, denn die Zahlung lässt sich dem Monat Juli 2019 zuordnen. Eine konkludente Tilgungsbestimmung liegt vor.

Dies ist meist dann der Fall sein, wenn die Zahlung 2 Werktage vor Monatsanfang bis 6 Werktage nach Monatsanfang auf dem Mieterkonto eingehen. Dies ist außerdem auch dann der Fall, wenn der Mieter seit Mietvertragsbeginn oder seit längerem immer in der Monatsmitte oder am Monatsende zahlt, also regelmäßige monatliche Zahlungen leistet.

Diese Zahlungen sind dann auf den konkreten Monat zu verrechnen. Als Beispiel seien hier auch Zahlungen des Jobcenters genannt. Jobcenter zahlen in aller Regel am Monatsende die Miete für den nachfolgenden Monat.

Wenn die Zahlungen nicht ausreichen oder zu hoch sind, gilt dann das in den Fällen 1a) und 1f) aufgeführte.

Denkbar ist auch, dass eine Zahlung genau dem Nachzahlungsbetrag aus einer Betriebskostenabrechnung oder einem anderen offenen Posten entspricht. Dann liegt auch eine konkludente Tilgungsbestimmung vor. Die Zahlung ist dann auf diesen offenen Posten zu verrechnen.

Fall 3a)
Die Miete beträgt 750 €, bestehen aus Nettokaltmiete von 500 € und Betriebskostenvorschüssen von 250 €. Die Mieten für Dezember 2018 bis Februar 2019 und Juli 2019 sind nicht gezahlt. Am 13. Juli 2019 zahlt der Mieter 1.750 €.

Die Zahlung enthält keine ausdrückliche Tilgungsbestimmung und lässt sich auch keinem offenen Posten zuordnen. Dann ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich zuerst auf die offenen Betriebskostenvorauszahlungen zu verrechnen und zwar nach dem Alter beginnend mit der ältesten.

Die Zahlung tilgt daher die Betriebskostenvorschüsse für Dezember 2018, Januar 2019, Februar 2019 und Juli 2019 und dann die Nettokatmiete für Dezember 2018 und in Höhe von 250 € für Januar 2019. Offen sind noch Nettokaltmieten für Januar 2019 in Höhe von 250 € und für Februar und Juli in Höhe von 500 €.

Fall 3b)
Die Miete beträgt 750 €, bestehen aus Nettokaltmiete von 500 € und Betriebskostenvorschüssen von 250 €. Die Mieten für Dezember 2017, Januar und Februar 2019 und Juli 2019 sind nicht gezahlt. Am 13. Juli 2019 zahlt der Mieter 1.750 €.

Eine Verrechnung auf ältere offene Betriebskostenvorauszahlungen oder auf Betriebskostenvorschüsse für abgerechnete Zeiträume sind nicht möglich, eben weil hier schon abgerechnet wurde und die gezahlten Vorschüsse in der Abrechnung berücksichtigt wurden. Die offenen Vorschüsse sind bei Abrechnungserstellung im Mieterkonto auszugleichen.

Die Zahlung tilgt daher die Betriebskostenvorschüsse für Januar 2019, Februar 2019 und Juli 2019 und dann die Nettokatmiete für Dezember 2017 und Januar 2019. Offen sind noch Nettokaltmieten für Februar und Juli in Höhe von 500 €.

Fazit

Vermieter sollten bei jeder einzelnen Zahlung das Vorliegen von konkludenten oder ausdrücklichen Tilgungsbestimmungen prüfen. Wenn keine vorliegen wird auf die unsichersten verrechnet.

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Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Pixabay


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