Wie werden Mietzahlungen verrechnet? – Teil 1
Anwälte von Vermietern können ein Lied davon singen; Hausverwalter und Buchhalter wissen auch oft nicht weiter: Wie werden Zahlungen, die auf das Mieterkonto geleistet werden, verrechnet? Welche Forderungen werden getilgt?
Die Entscheidung dieser Frage ist maßgebend für die Erstellung von Betriebskostenabrechnungen, aber auch für Kündigungen wegen Zahlungsverzugs. Im März letzten Jahres hat der Bundesgerichtshof hier in zwei Urteilen konkrete Handlungsanweisungen für die Praxis gegeben (BGH, Urteile vom 21.03.2018, Az. VIII ZR 68/17 und VIII ZR 84/17). In zwei Beiträgen wollen wir erläutern, welche Grundsätze bei der Verrechnung zu beachten sind.
Im ersten Teil sollen die Grundsätze der Verrechnung kurz erläutert werden. Im zweiten Teil werden dann diese Grundsätze anhand von Beispielen näher erklärt.
Teil 1 – Grundsätze der Verrechnung von Mietzahlungen
Nicht nur im Mietrecht gilt, dass Tilgungsbestimmungen zu beachten sind. Derjenige, der zahlt, bestimmt auch, was getilgt werden soll. Dies kann auch im Wohnraummietrecht nicht durch allgemeine Geschäftsbedingungen abbedungen werden. Der Mieter darf bestimmen, auf welche Schuld er zahlt. Der Vermieter muss dann entsprechend buchen.
Tilgungsbestimmungen können ausdrücklich erfolgen, z.B. im Verwendungszweck der Überweisung oder vorher durch Schreiben oder per E-Mail oder per Anruf. Wichtig ist nur, dass die Tilgungsbestimmung vor der Zahlung oder gleichzeitig mit der Zahlung beim Gläubiger bzw. Zahlungsempfänger eingeht. Wenn ein Mieter am 7. Juni 2019 erklärt, er habe mit der Zahlung vom 5. Juni 2019 die Miete für August 2018 tilgen wollen, muss dies vom Vermieter nicht beachtet werden. Wenn dies im Verwendungszweck der Zahlung angegeben ist, aber schon.
Neben den ausdrücklichen Tilgungsbestimmungen gibt es auch so genannte konkludente Tilgungsbestimmungen, also Tilgungsbestimmungen durch schlüssiges Verhalten. Diese kann sich aus dem Zahlungstermin (im Mietrecht 3. Werktag) oder dem Zahlbetrag ergeben, z.B. es wird genau der Betrag aus der Betriebskostenabrechnung 2017 gezahlt. Auch diese konkludente Tilgungsbestimmung ist zu beachten.
Wenn der Mieter ohne Tilgungsbestimmung zahlt, gilt für die Verrechnung dieser Zahlung § 366 BGB. Nach § 366 Abs. 2 BGB sind Zahlungen ohne Tilgungsbestimmung zunächst auf die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig zu verrechnen.
Das bedeutet:
Der Vermieter prüft, welche Forderungen fällig sind – nur auf diese und nicht auf zukünftige Forderungen kann verrechnet werden.
Der Vermieter prüft weiter, welche Forderungen ihm mehr oder weniger Sicherheit bieten.
Grundsätzlich gilt, je eher Forderungen verjähren oder nicht mehr geltend gemacht werden können, desto unsicherer sind sie und desto eher kann auf sie verrechnet werden. Die größte Sicherheit bieten Forderungen, über die bereits ein Urteil oder ein sonstiger vollstreckbarer Titel existiert. Diese Forderungen verjähren nämlich in der Regel nach 30 Jahren. Eine Ausnahme bildet hier die titulierte zukünftige Nutzungsentschädigung. Diese unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese regelmäßige Verjährungsfrist gilt für Mietforderungen (Nettokaltmieten, Zuschläge) aber auch Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen. Denkbar sind auch noch kürzere Verjährungsfristen z.B. bei Ansprüchen auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Diese verjähren nach sechs Monaten nach der Rückgabe der Wohnung oder Gewerbeeinheit.
Weiter ist zu beachten, dass Betriebskostenvorauszahlungen nur bis zur Erteilung der Betriebskostenabrechnung bzw. bis zum Ende der Abrechnungsfrist geltend gemacht werden können.
Das bedeutet, dass Zahlungen ohne Tilgungsbestimmung oder Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen oder sonstige Gutschriften zuerst auf Schadensersatzforderungen wegen nicht ordnungsgemäßer Rückgabe der Mietsache, dann auf nicht abgerechnete Betriebskostenvorschüsse, dann erst auf Nettokaltmieten und zuletzt auf Forderungen aus Vollstreckungstiteln verrechnet werden.
Diese Grundsätze sind auch bei Teilzahlungen auf bestimmte Forderungen anzuwenden. Hier sind die Zahlungen meist zuerst auf die Betriebskostenvorauszahlung des betreffenden Monats und dann auf die Nettokaltmiete zu verrechnen.
Im nächsten Beitrag werden wir mit einzelnen Rechenbeispielen dies näher ausführen.
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Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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