WEG – Finanzierung: Woher kommt das Geld?

WEG – Finanzierung: Woher kommt das Geld?

Der Finanzbedarf bestehender Wohnungseigentümergemeinschaften wächst stetig.

22.02.2023
Seit der Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahre 2015 besteht Einigkeit darüber, dass für
- die Kreditaufnahme in Wohnungseigentümergemeinschaften eine 
- Beschlusskompetenz besteht und ein solcher 
- Beschluss zur Kreditaufnahme 
- unter bestimmten Voraussetzungen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Bei Verwaltern, Verwaltungsbeiräten und Eigentümern besteht dennoch große Unsicherheit darüber, wie eine Kreditfinanzierung rechtlich und praktisch umgesetzt werden kann.
Der Beratungsbedarf der betroffenen Eigentümergemeinschaften ist immens, gezielte Hilfestellungen des Verwalters bei der Umsetzung derartiger Beschlüsse verschaffen einen echten Wettbewerbsvorteil.

Daher haben wir diesen Beitrag und ein Video verfasst, dass Ihnen die Scheu vor diesem Thema nehmen und Sie bei der Umsetzung von baulichen Maßnahmen und deren Finanzierung unterstützen soll.

Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Kreditaufnahme

- Hinweis: Auch der „Dispo“ ist ein Kredit. Denn um eine einen Beschluss erfordernde Kreditaufnahme handelt es sich bereits dann, wenn bei einem von dem Verband unterhaltenen Girokonto eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit genutzt oder überzogen wird (BGH ZWE 2011, 209, Rn. 19).
- Über die Aufnahme eines Kredites ist durch (§ 21 III WEG) Mehrheits-Beschluss zu entscheiden.
- Eine Befugnis zur Kreditaufnahme steht dem Verwalter auch nach der WEG –Reform nicht zu.

Der Beschluss entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die zeitnahe Durchführung der Maßnahme ist dringend erforderlich.
2. Der Finanzbedarf kann nicht durch einen Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage gedeckt werden.
3. Die Bildung einer entsprechend hohen Sonderumlage würde einzelne Miteigentümer überfordern.
4. Aufklärung der Eigentümer vor der Beschlussfassung über mögliche, aus der Aufnahme des Kredites resultierende (individuelle) Haftungsrisiken (Stichwort: Nachschusspflicht) ist erfolgt.


Was bedeutet die individuelle Nachschusspflicht im Rahmen einer Kreditaufnahme?

Grundsätzlich haftet jeder Wohnungseigentümer für die Zins- und Tilgungsleistungen, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fällig werden, nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 WEG.

Aber: Wenn einzelne Eigentümer den auf sie entfallenden Anteil an Zins und Tilgung nicht erbringen können, müssen so lange erhöhte Hausgeldvorschüsse beschlossen und bezahlt werden, bis der Verband über ausreichende Finanzmittel verfügt (BGH ZWE 2015, 453). Dabei ist unerheblich, ob der Wohnungseigentümer seine fälligen Beitragszahlungen an die WEG im Innenverhältnis beglichen hat oder nicht.
Die Risiken für einzelne Eigentümer bei einem langfristigen, hohen Kredit sind somit nicht nur akademischer Natur.

Belehrung über die bei der Kreditaufnahme bestehenden Risiken

Bei der Frage, ob ein Darlehen aufgenommen werden soll, ist das (Ausfall-) Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Dieses Risiko besteht zwar auch bei einer Sonderumlage, jedoch ist zum Zeitpunkt der Beschlussfassung meist bekannt, wessen Zahlung voraussichtlich ausbleiben wird. Bei einer langfristigen Darlehensaufnahme wird sich dieser Umstand oftmals erst (viel) später herausstellen, z.B. bei einem Eigentümerwechsel.
Insoweit ist eine Abschätzung des mit der Darlehensaufnahme verbundenen Risikos nur schwer vorzunehmen.
Bei einer langfristig verpflichtenden Darlehensaufnahme ist deshalb nach Auffassung des BGH entsprechende Zurückhaltung geboten.

Konsequenzen für die Abwägung des Für- und Wider einer Kreditaufnahme

Die Entscheidung für den Kredit hat sich am Zweck der Darlehensaufnahme zu orientieren. Je dringlicher die Maßnahme, desto eher ist ihre Finanzierung über ein Darlehen statthaft. Nicht notwendig ist allerdings, dass zahlungswilligen Sondereigentümern die Möglichkeit eröffnet wird, den auf ihre Einheit entfallenden Betrag unmittelbar, das heißt ohne Darlehensaufnahme zu entrichten. 
Regelungen zu Laufzeit und Höhe der Zinsen sowie die Finanzierung der Rückzahlung, müssen bei der Beschlussfassung festgelegt sein.
Das Risiko von Zahlungsausfällen bei deren Erhebung ist für die Beurteilung ebenfalls von Bedeutung. Dieses Risiko muss hinreichend Eingang in die Entscheidung finden. Die Eigentümer müssen vor der Beschlussfassung über dieses aus der Nachschussverpflichtung resultierende Ausfallrisiko umfassend belehrt werden. 
Das Versammlungsprotokoll muss hierzu entsprechend aussagekräftige Feststellungen enthalten.

Fazit und Handlungsempfehlung für den Verwalter

Folgende Punkte müssen von dem Verwalter im Rahmen der Vorbereitung einer Beschlussfassung beachtet und die Eigentümer entsprechend informiert werden:
1. Zweck der Maßnahme
In erster Linie kommen unabwendbare Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen in Betracht, ob auch für andere Maßnahmen, ist höchstrichterlich noch ungeklärt.
2. Keine Alternativen
Eine langfristige, hohe Kreditaufnahme kommt nur in Betracht, wenn die notwendigen Mittel nicht durch einen Rückgriff auf die Instandhaltungsrückstellung oder die Erhebung einer Sonderumlage aufgebracht werden können.
3. Hinreichende Bestimmtheit
Die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit und die Höhe des Zinssatzes bzw. des maximalen Zinssatzes müssen aus dem Beschluss ersichtlich sein. Die Tilgungsraten müssen so angelegt sein, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist.
4. Nachschusspflicht/Transparenzgebot
Die Nachschusspflicht aller Eigentümer, auch derjenigen, die von einer etwaigen „Abwendungsbefugnis“ Gebrauch gemacht haben, muss vor der Beschlussfassung Gegenstand der Erörterung in der Versammlung gewesen und dies in der Niederschrift dokumentiert sein.
Hinweis: Da auch an der Versammlung nicht teilnehmende Wohnungseigentümer belehrt werden müssen, sollten entsprechende Hinweise auf das Ausfallhaftungsrisiko bereits im Einladungsschreiben enthalten sein.
5. Wirtschaftliche Situation des Verbandes
Der Verwalter muss die Miteigentümer über die wirtschaftliche Situation der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insbesondere über Wohngeldausfälle einzelner Eigentümer vor der Beschlussfassung umfassend informieren.

Bildnachweis: Pixabay


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