Was darf alles an den WEG-Verwalter delegiert werden?

Was darf alles an den WEG-Verwalter delegiert werden?

Ein BGH-Urteil zu § 27 Abs. 2 WEG schafft Klarheit

05.12.2024
Abs. 1 regelt die Maßnahmen, die ein Verwalter ohne Beschluss treffen kann und Abs. 2 gibt die Beschlusskompetenz zur Einschränkung und Erweiterung der Befugnisse des Verwalters. Doch wie weit dürfen die Erweiterungen gehen. Kann beschlossen werden, dass der Verwalter alles darf (auch sich selbst bestellen)? Ein Urteil des BGH gibt hier erste Hinweise und schafft insoweit auch Klarheit, wie der § 27 Abs. 2 WEG im Hinblick auf eine Delegation zu verstehen ist.

Fall:

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde über längere Zeit die Erneuerung der Fenster diskutiert. Nachdem ein Sachverständiger einen Sanierungsplan mit Priorisierung nach Dringlichkeit erstellt hatte, holte die Verwalterin Anfang des Jahres 2022 mehrere Angebote ein. In der Folgezeit zogen alle Unternehmen bis auf eines ihre Angebote zurück. Der verbliebene Anbieter, der den Austausch für 4.500 bis 5.000 Euro pro Wohnung angeboten hatte, teilte schließlich mit, im Jahr 2022 keinen Austausch durchführen und auch keine Bestellungen annehmen zu können. 

Daraufhin fassten die Wohnungseigentümer im Juni 2022 folgenden Beschluss: 
„Die Verwaltung wird ermächtigt, die Erneuerung der Fensteranlagen nach folgenden Maßgaben zu beauftragen: 
Es soll ein Austausch nach Dringlichkeit erfolgen. Vorab sollen nochmal drei Angebote eingeholt werden. 
Der Umfang des jährlichen Budgets für 2022 soll bei 35.000,00 Euro brutto liegen. Die Fenster sollen der Optik der bisherigen Fensteranlagen entsprechen. …" 

Ein Eigentümer hatte hier ein Störgefühl, hielt den Beschluss für unbestimmt und focht ihn an. 

Vorüberlegungen

Sinn und Zweck des neuen § 27 WEG ist es, die Selbstverwaltung der GdWE zu stärken und auch zu vereinfachen. Die Wohnungseigentümer sollen Maßnahmen bestimmen können, über die sie selbst entscheiden wollen, aber auch Maßnahmen definieren, die der Verwalter in Eigenverantwortung entscheiden darf und soll. 

Doch welche Art Beschlüsse sind von der Erweiterungskompetenz erfasst. Hier wird oft auf § 19 und § 27 Abs. 1 WEG geschaut. Es handelt sich um Beschlüsse über Erhaltungsmaßnahmen, die Hausordnung, Abschluss und Kündigung einer Versicherung oder auch die Höhe der Erhaltungsrücklage. 

Diese Beschlusskompetenz findet ihre Grenzen, wenn es um die Grundordnung der Gemeinschaft geht, um die Bestellung des Verwalters, Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung oder auch die Besetzung des Verwaltungsbeirats.  

Erweiterungs- aber auch Einschränkungsbeschlüsse sind aber anfechtbar, wenn sie nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.  

Aus Gründen des Minderheitenschutzes kann hier angefochten werden, auch wenn der Beschluss zu weitgehend ist (Bsp. „Der Verwalter entscheidet über die Instandsetzung der Fenster.“). Der Beschluss in dem Fall des BGH war zwar etwas weniger weitgehend, aber immer noch reichlich offen. Es sollten drei Angebote eingeholt werden und dann sollte der Verwalter entscheiden – ganz allein.

Urteil:

Nach Ansicht des BGH entspricht dieser Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. In seiner Entscheidung führt der BGH zum Sinn und Zweck des § 27 Abs. 2 WEG aus, dass die Erweiterungskompetenz die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft stärken soll und damit der Eigenverantwortung dient. „Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über eine Kompetenzverlagerung auf den Verwalter setzt nicht voraus, dass in dem Beschluss zugleich ausdrücklich ein für den Verwalter verbindlicher Entscheidungsmaßstab vorgegeben wird.“ 

Ob ein Beschluss zu weitgehend ist, ist keine Frage der Bestimmtheit des Beschlusses (Anmerkung der Autorin: „Der Verwalter darf alles“ wäre bestimmt), sondern eine Frage der Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses. Die Reichweite der Delegation muss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.

Daher darf auch wegen praktischer Bedürfnisse ein weiter Ermessenspielraum eingeräumt werden. Ein verbindlicher Entscheidungsmaßstab ist hier nicht erforderlich. Denn in jedem Fall trifft den Verwalter die Pflicht das Ermessen pflichtgemäß auszuüben, sich an das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu halten und die Interessen und alle relevanten Umstände abzuwägen. 

In dem vorliegenden Fall, war die Entscheidung über das Ob der baulichen Maßnahme gefallen und ebenso eine Entscheidung zur Reihenfolge und den jährlichen Kostenobergrenzen. Dies reicht aus, um die Kompetenzen zu definieren und entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. 

Fazit

Gemäß § 27 Abs. 2 WEG können die Aufgaben und Befugnisse durch eine entsprechende Beschlussfassung genauer festgelegt werden, insoweit hat der BGH die Grenzen in seinem Urteil bereits umrissen (BGH, Urteil v. 5.7.2024, V ZR 241/23).

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Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH 
Bildnachweis: Pixabay

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