Muss ein Eigentümer rechnen können?

Muss ein Eigentümer rechnen können?

Von der Bestimmtheit von Beschlüssen über Sonderumlagen

15.08.2024
In der letzten Woche haben wir uns gefragt, ob ein Vermieter rechnen können muss (Berechnung von Kündigungsfristen), heute geht es wieder in das Wohnungseigentumsrecht, aber trotzdem um das Rechnen (wie 1+1=2). Immer wieder streiten wir vor Gericht um die Bestimmtheit von Beschlüssen. Bei Baumaßnahmen ist dies oft ein Thema, aber auch bei der Finanzierung von Baumaßnahmen. Häufig werden hier Sonderumlagen beschlossen. Doch reicht es, hier einen Gesamtbetrag zu beschließen oder muss in dem Beschluss jeder Zahlungsbetrag jedes einzelnen Eigentümers benannt sein?
Bislang war dies – so wie immer – umstritten. Hintergrund des Streits ist, dass die Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans ist und auch hier werden in den Einzelwirtschaftsplänen die auf die jeweiligen Eigentümer entfallenden Vorschüsse (über die dann beschlossen wird) benannt. Aber ist das bei einer Sonderumlage, bei der es nur um einen einzigen Posten geht, sinnvoll?
Dies hat der BGH nun entschieden. In seinem Urteil vom 23.2.2024 (Az. V ZR 132/23) bezieht er klar Stellung: „Grundsätzlich muss in einem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage die auf den einzelnen Eigentümer entfallende Summe betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern selbst ohne Weiteres errechnet werden kann.“

In dem Urteil ging es um eine Sonderumlage zur Prozessfinanzierung gegen die Bauträgerin und aufteilende Eigentümerin. Es wurde eine Sonderumlage von 6.000 € „anteilig entsprechend den Miteigentumsanteilen der Wohnungseigentümer“ beschlossen. Da sie nach wie vor Eigentümerin war, focht sie diesen Beschluss an.
Sie hatte keinen Erfolg. Der BGH schloss sich der bislang auch herrschenden Meinung an, wonach Bestimmbarkeit des Betrags ausreicht.

Der BGH führt aus: „Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG an Beschlüsse gebunden ist, inhaltlich bestimmt und klar sein. Es besteht ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Eigentümerbeschlüsse sind daher „aus sich heraus“ auszulegen, und Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind“.

Daraus schließt der BGH, dass der Beschluss die anteilmäßigen Beitragsverpflichtungen festlegen muss. Dies bedeutet aber eben nicht, dass dort Beträge stehen müssen. Der einfache Rechenschritt von der Gesamtsonderumlage mal Miteigentumsanteile für zur Bestimmbarkeit bzw. zur Bestimmtheit. Es kommt darauf an, dass der Betrag von den Wohnungseigentümern unschwer bestimmt werden kann.

Fazit

Überraschend ist das Urteil nicht – aber lesenwert, denn eigentlich geht es um Untergemeinschaften und der Vergemeinschaftung von Mängelrechten. Ein Beitrag dazu folgt in Kürze. Das Urteil sorgt aber für Klarheit hinsichtlich der Beschlüsse über Sonderumlagen und vereinfacht die Beschlussformulierung für Verwalter. Es ist daher eindeutig zu begrüßen.

Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH  
Bildnachweis: Pixabay

Services

Aktuelle Beiträge