Die Haftung des WEG-Verwalters
Die Juristen sprechen im Rahmen des Wohnungseigentumsrechtes immer von der Trennungstheorie. Sie erklären dabei, dass die Bestellung des WEG-Verwalters und der Abschluss des Verwaltervertrages voneinander unabhängig betrachtet werden müssen. Einem juristischen Laien ist dieser Umstand schwer zu erläutern, da doch der „Bestellungsbeschluss“ des WEG-Verwalters meist auch gleich den Abschluss des Verwaltervertrages vorsieht. Und den Wohnungseigentümern geht es im Grunde genommen doch nur darum, dass der WEG-Verwalter seine Arbeit aufnimmt. Tatsächlich ist aber für die Frage der Haftung des WEG-Verwalters dann doch wichtig, dass es die Trennungstheorie gibt.
Die Haftung des WEG-Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern
Der Verwaltervertrag kommt zwischen dem WEG-Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft zustande, so dass grundsätzlich der einzelne Wohnungseigentümer nicht Vertragspartner des Verwaltervertrages ist. Allerdings ist der Verwaltervertrag ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Aus dem Vertrag kann der Wohnungseigentümer deshalb keine direkten Erfüllungsansprüche herleiten. Er kann den Verwalter nicht zur Verwaltertätigkeit zwingen. Der einzelne Wohnungseigentümer kann aber Schadensersatzansprüche geltend machen und ohne eine Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft einklagen, wenn er durch ein fehlerhaftes Handeln des Verwalters einen Schaden erlitten hat.
So hatte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.12.1995, GZ: V ZB 4/94, über eine Schadensersatzklage eines Wohnungseigentümers zu entscheiden. Dieser hatte geltend gemacht, dass der WEG-Verwalter verpflichtet gewesen wäre, seinen geplanten baulichen Veränderungen zuzustimmen. Da die Zustimmung pflichtwidrig nicht erteilt worden war, wäre der Verwalter nun zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Diesen Schadensersatz klagte der Wohnungseigentümer in eigenem Namen ein. Der Bundesgerichtshof erklärte hierzu, dass die Erteilung der Verwalterzustimmung zu den baulichen Veränderungen zwar eine Pflicht gegenüber der Eigentümergemeinschaft sei. Da der Schaden aber ausschließlich beim klagenden Wohnungseigentümer entstanden war, war er berechtigt, allein in eigenem Namen den WEG-Verwalter auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Im Rahmen des Bestellungsaktes geht die Haftung des WEG-Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern dann sogar noch weiter. Hier entsteht nicht nur zwischen dem WEG-Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern auch zwischen dem Verwalter und dem einzelnen Wohnungseigentümer ein gesetzliches Schuldverhältnis. Aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis kann der einzelne Wohnungseigentümer auf Erfüllung der Verwaltertätigkeit klagen.
Die Haftung des WEG-Verwalters gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft
Der Verwaltervertrag kommt regelmäßig zwischen dem WEG-Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft zustande. Der Verband hat deshalb auch den Anspruch auf Erfüllung der vom WEG-Verwalter im Vertrag übernommenen Pflichten. Diese kann er – nach Beschlussfassung über die Inanspruchnahme des Verwalters – auch einklagen. Kommt der WEG-Verwalter seinen Pflichten aus dem Verwaltervertrag nicht nach, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft Gewährleistungsrechte geltend machen.
Im Rahmen des Bestellungsaktes kommt zudem ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem WEG-Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft zustande. Auch aus diesem Schuldverhältnis kann der Verband die Erfüllung der gesetzlichen Verwalterpflichten und ggf. Gewährleistungsansprüche bei Verstoß gegen diese Verwalterpflichten geltend machen.
Umfang der Aufgaben des Verwalters
Der Umfang der gesetzlichen Verwalterpflichten, die insbesondere den Katalog der Pflichten im gesetzlichen Schuldverhältnis im Rahmen des Bestellungsaktes bilden, ergibt sich aus § 27 Abs. 1 bis 3 des Wohnungseigentumsgesetzes. Diese Pflichten begründen den unabdingbaren Bereich von Verwalteraufgaben und Verwalterbefugnissen.
So ist der WEG-Verwalter insbesondere gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft und den einzelnen Wohnungseigentümern verpflichtet, Beschlüsse der Wohnungseigentümer umzusetzen, für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zu sorgen, die Lasten- und Kostenbeiträge einzufordern und alle Zahlungen und Leistungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die mit der laufenden Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zusammenhängen.
Kommt der WEG-Verwalter diesen Pflichten nicht nach, kann die Wohnungseigentümergemeinschaft, aber auch jeder einzelne Wohnungseigentümer auf Erfüllung dieser Pflichten gegen den WEG-Verwalter klagen. Die Haftung des WEG-Verwalters kann hier sowohl der Verband als auch jeder einzelne Wohnungseigentümer geltend machen.
Der Verwaltervertrag kann über die unabdingbaren Verwalteraufgaben und Verwalterbefugnisse weitere Rechte und Pflichten des Verwalters begründen. Wie aufgezeigt, könnte die Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich dieser weitergehenden Pflichten die Erfüllung aus dem Verwaltervertrag verlangen. Das alleinige Vorgehen gegen den Verwalter auf Erfüllung dieser Vertragspflichten wäre einem Wohnungseigentümer dagegen verwehrt. Entsteht dem Wohnungseigentümer aus der Verletzung dieser weitergehenden Pflichten aber ein Schaden, könnte er diesen wiederum allein gegen den Verwalter geltend machen.ortant;}”]
Verschulden des Verwalters
Die Haftung des Verwalters bestimmt sich danach, ob er die erforderliche Sorgfalt bei der Ausführung seiner Verwaltertätigkeit gewahrt hat. Dabei nimmt die Rechtsprechung gegenüber einem Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, das die unentgeltliche Verwaltung ausführt, einen sehr viel milderen Haftungsmaßstab an, als sie ihn gegenüber einem gewerblichen WEG-Verwalter ansetzt. Der gewerbliche WEG-Verwalter hat die Sorgfalt zu wahren, die der übernommene Pflichtenkreis erfordert. Der gewerbliche WEG-Verwalter schuldet den Sorgfaltsmaßstab, der den kaufmännischen, rechtlich-organisatorischen und technischen Aufgabenbereich der Verwaltung umfassen abdeckt. Lässt sich der gewerbliche Verwalter für die einzelne Tätigkeit sogar noch eine Sondervergütung versprechen, ist der Sorgfaltsmaßstab eines Sonderfachmannes für die Ausführung der Tätigkeit anzuwenden.
Realistischerweise sollte man erkennen, dass auch für den gewerblichen WEG-Verwalter die Beurteilung einer Frage nicht immer ganz einfach ist. Beispiele hierfür sind Fragen wie: Liegt eine Modernisierung vor oder handelt es sich bei den geplanten Baumaßnahmen um eine bauliche Veränderung? Entsprechen Nutzungs- und Teilhabebeschlüsse im Rahmen der Festsetzung der Hausordnung ordnungsgemäßer Verwaltung oder nicht? Wie weit reichen Sondernutzungsrechte?
WEG-Verwalter überlassen häufig in derartigen Zweifelsfragen den Wohnungseigentümern die Entscheidung im Rahmen der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung. Ist zu den Fragen ein Beschluss der Wohnungseigentümer existent, greift die Regelung des § 27 des Wohnungseigentumsgesetzes, wonach der WEG-Verwalter verpflichtet ist, den Beschluss auszuführen. Einen Handlungs- oder Entscheidungsspielraum hat der WEG-Verwalter dann nicht mehr.
Der WEG-Verwalter ist allerdings gut beraten, auch bei dieser Vorgehensweise Vorsicht walten zu lassen. Ein Haftungsausschluss kommt für ihn nur dann in Betracht, wenn er vor der Beschlussfassung die Wohnungseigentümer über alle Unklarheiten, rechtlichen Zweifelsfragen und Konsequenzen ihrer Entscheidung aufgeklärt hat. Unterlässt er diese Aufklärung, muss er zwar den gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer ausführen, muss aber dennoch für die Folgen seiner unterlassenen oder fehlerhaften Aufklärung haften.
Einholung von mindestens 3 Kostenvoranschlägen bei umfangreichen Sanierungsmaßnahmen
Das Landgericht Berlin hatte in einer Entscheidung vom 02.02.2018, GZ: 85 S 98/16 WEG über die Frage der Haftung des WEG-Verwalters für Prozesskosten einer Anfechtungsklage zu befinden. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass – unzweifelhaft – Sanierungsarbeiten an der Dachterrasse der Eigentumsanlage erforderlich waren. Es war bei einer Teilöffnung der Terrasse Schwammbefall zu erkennen gewesen. Die Teilöffnung der Terrasse war im September erfolgt und war noch nicht wieder verschlossen. Die Sanierung sollte vor dem Winter erfolgen, um keine Feuchtigkeitseinbrüche befürchten zu müssen. Dem WEG-Verwalter gelang es jedoch nicht, mehr als ein Kostenangebot einer Dachdeckerfima zur Abstimmung in der Eigentümerversammlung vorzulegen.
Das Landgericht Berlin erklärte, dass der daraufhin gefasste Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Für einen Beschluss im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung ist es erforderlich, dass den Wohnungseigentümern mindestens 3 vergleichbare Angebote zur Abstimmung vorgelegt werden. Diese Rechtsprechung ist an sich nicht neu. Das Landgericht Berlin erklärt aber weiter, dass – sofern es dem WEG-Verwalter nicht gelingt, diese 3 Angebote einzuholen – er die Abstimmung gar nicht erst auf die Tagesordnung setzen darf. Er muss den Tagesordnungspunkt zurückziehen, bis ihm die angemessene Anzahl von Angeboten vorliegt.
Da er die Sanierungsmaßnahmen dennoch zur Abstimmung in der Eigentümerversammlung vorgelegt hat, haftet er allein aus diesem Grund für die den Wohnungseigentümern angefallenen Prozesskosten der Anfechtungsklage.
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Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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