Mietminderung: Wann tritt sie in Kraft?
Mietminderung: Wann tritt sie in Kraft?
Das Gesetz gewährt dem Mieter gemäß § 536 BGB eine Mietminderung, wenn ein Mangel der Mietsache vorliegt, der die Tauglichkeit zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert.
Zustand der Mietsache
Dabei ist aber nicht jeder Substandard einer Mietsache als Mangel anzusehen. Die Parteien eines Mietvertrages können den gewünschten Standard der Mietsache grundsätzlich frei vereinbaren. Sie legen die Beschaffenheit und Ausstattung der Mietsache in ihrer Vereinbarung fest und können dabei durchaus eine Übereinkunft treffen, dass auch der unterdurchschnittliche Zustand der Mietsache von beiden Parteien als vertragsgemäß anerkannt wird. Dies gilt sowohl im Wohnung- als auch im Gewerberaummietrecht. Treffen die Parteien die Vereinbarung, dass der unterdurchschnittliche Zustand der Mietsache vertragsgemäß ist und entspricht der Zustand der Mietsache dieser Vereinbarung, liegt kein Mangel vor. Eine Mietminderung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
Im Gegenzug werden die Parteien bei Vereinbarung eines unterdurchschnittlichen Zustandes der Mietsache eine geringere Miete vereinbaren. So bleibt das Verhältnis zwischen der Leistung des Vermieters, die in der vertragsgemäßen Überlassung und Gebrauchsgewährung der Mietsache während der Mietzeit besteht, und der Gegenleistung des Mieters, der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses, in einem Gleichgewicht.
Wann besteht ein Grund zur Mietminderung?
Ein Mangel der Mietsache besteht aber dann, wenn der vereinbarte Zustand und der tatsächliche Zustand der Mietsache voneinander abweichen.
In der Praxis ist es häufig so, dass die Parteien des Mietvertrages zwar den Vertragszweck definieren, etwa die Vermietung zu Wohnzwecken oder zur Nutzung als Büro. Die Beschreibung des Ist-Zustandes der Mietsache als den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache nehmen die Parteien jedoch häufig nicht in den Mietvertragstext auf. In diesen Fällen ist der vertragsgemäße Zustand anhand der Verkehrsanschauung zu ermitteln. In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, wobei Anforderungen an die Bausubstanz nach dem Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerkes zu beurteilen sind.
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 10.02.2010, GZ: VIII ZR 343/08, hierzu entschieden, dass der Mieter im Rahmen des Abschlusses eines Wohnungsmietvertrages im Jahr 1985 bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung erwarten darf, dass die Elektrizitätsversorgung zumindest den Betrieb eines größeren Haushaltsgeräts, wie einer Waschmaschine, bei gleichzeitigem Betrieb weiterer haushaltsüblicher Geräte, wie etwa eines Staubsaugers, zulässt. Erfüllt die Elektrizitätsversorgung diesen Anspruch nicht, liegt ein Mangel der Mietsache vor, der zu einer Mietminderung berechtigen kann.
Nicht jeder Mangel führt zu einer Mietminderung
Wird festgestellt, dass die tatsächliche Beschaffenheit der Mietsache von ihrem vereinbarten Zustand abweicht, ist gemäß § 536b BGB eine Mietminderung dennoch ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsschluss kennt. Der Mieter verhält sich rechtsmissbräuchlich, wenn er die Zahlung eines Mietzinses zusagt, gleichzeitig aber trotz Kenntnis der Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vereinbarten Zustand die Miete nicht in voller Höhe zahlen möchte.
Eine Mietminderung ist ebenfalls gemäß § 536b BGB ausgeschlossen, wenn der Mieter die Mietsache in Kenntnis der Abweichung des tatsächlichen Zustandes vom vereinbarten Zustand der Mietsache annimmt und sich hierbei das Recht zur Geltendmachung der Mietminderung nicht ausdrücklich vorbehält.
Zeigt sich im Laufe des Mietverhältnisses ein Mangel der Mietsache, ist eine Mietminderung auch ausgeschlossen, solange der Mieter dem Vermieter den Mangel noch nicht angezeigt hat. Der Mieter ist während des laufenden Mietverhältnisses im alleinigen Besitz der Mietsache. Die Mangelanzeige versetzt den Vermieter, der keinen Besitz an der Mietsache hat, erst in die Lage, den Zustand der Mietsache zu prüfen und Abhilfe bei einer Abweichung des Ist- vom Soll-Zustand zu schaffen. Reduziert der Mieter die Miete, obwohl er den Vermieter noch gar nicht in die Lage versetzt hat, einen Mangel der Mietsache zu beseitigen, würde er sich wiederum rechtsmissbräuchlich verhalten. Daher erklärt bereits das Gesetz in § 536c BGB, dass eine Mietminderung vor der Rüge des Mangels durch den Mieter ausgeschlossen ist.
In Ausnahmefällen kann eine Rüge des Mangels durch den Mieter entbehrlich sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Vermieter den Mangel bereits kennt und weiß, in welchem Umfang der Mangel zur Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache führt. Im Regelfall wird aber gerade der Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung für jede einzelne Mietsache unterschiedlich zu beurteilen sein, so dass nur nach einer Mängelrüge eine Mietminderung in Betracht kommt.
Selbst herbeigeführte Mängel
Hat der Mieter den Mangel der Mietsache selbst herbeigeführt, ist eine Mietminderung ebenfalls ausgeschlossen. So hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15.12.2010, GZ: VIII ZR 113/10, beispielsweise entschieden, dass zwar ein Mangel der Mietsache vorliegt, wenn keine Messeinrichtung für die Stromlieferung vorhanden ist und es dem Mieter deshalb nicht möglich ist, sich bei einem Stromversorgungsunternehmen anzumelden. Wurde der Mangel jedoch durch einen Zahlungsrückstand des Mieters gegenüber dem Stromversorger, der daraufhin zur Unterbrechung der Stromlieferung auch den Stromzähler ausgebaut hat, herbeigeführt, ist eine Mietminderung im Rahmen des Mietverhältnisses ausgeschlossen.
Eine Ausnahme des Ausschlusses der Mietminderung bei einem selbst herbeigeführten Mangel durch den Mieter besteht nur dann, wenn eine Gebäudeversicherung für die Beseitigung des Mangels eintritt und der Mieter die Beiträge der Gebäudeversicherung über die Betriebskosten zahlt. In diesem Fall ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, bspw. in seinem Urteil vom 19.11.2014, GZ: VIII ZR 191/13, der Vermieter verpflichtet, die Gebäudeversicherung zur Mängelbeseitigung in Anspruch zu nehmen. Der Anspruch des Mieters auf Mängelbeseitigung durch den Vermieter und auf Mietminderung bleibt bei Vorhandensein einer eintrittspflichtigen Gebäudeversicherung bestehen.
Wie hoch fällt die Mietminderung aus?
Die Höhe der Mietminderung berechnet sich nach dem Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietsache, die durch die Abweichung des tatsächlichen vom vereinbarten Zustand entsteht.
Dabei erklärt bereits das Gesetz in § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB, dass eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht zu einer Mietminderung führt. Derartige Fälle einer nur unerheblichen Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache können sein, wenn der Nachbar ein Fest feiert und einmalig aus der Nachbarwohnung zu Zeiten der Nachtruhe Lärm dringt oder auch, wenn ein Heizungs- oder Fahrstuhlausfall nur sehr, sehr kurz vorhanden ist und innerhalb von wenigen Stunden durch den Vermieter beseitigt wird. In derartig vergleichbaren Fällen dauert die Gebrauchsbeeinträchtigung nur kurz an und führt nicht dazu, dass das Gleichgewicht zwischen Leistung des Vermieters und Gegenleistung des Mieters gestört ist.
Lediglich in Fällen, in denen der Vermieter eine Eigenschaft der Mietsache zugesichert hat und diese Eigenschaft nicht vorhanden ist, ist eine Mietminderung auch im Falle einer unerheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung gegeben. Hier haben die Parteien des Mietvertrages mit der Zusicherung deutlich gemacht, dass die Eigenschaft der Mietsache für sie besonders wichtig ist und der Vermieter eine besondere Haftung für das Vorhandensein der Eigenschaft übernehmen möchte.
Keine Miete mehr dank Mietminderung?
Ist der Mangel so erheblich, dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aufgehoben wird, kann eine Mietminderung auf 0 in Betracht kommen. Das ist aber der Ausnahmefall. Zieht der Mieter einer Wohnung nicht aus und zeigt er, dass er durchaus in der Mietsache essen, schlafen, verweilen und sich einrichten kann, führt auch ein ganz erheblicher Mangel, wie ein Heizungsausfall im Winter, offensichtlich nicht zur Aufhebung der Nutzbarkeit der Wohnung. Die Miete ist in diesem Fall erheblich zu reduzieren. Vollständig beseitigt ist die Mietzahlungspflicht in diesem Fall aber nicht.
Schließlich ist der Mieter verpflichtet, die Mängelbeseitigung durch den Vermieter zu dulden. Bietet der Vermieter ihm die Mängelbeseitigung ordnungsgemäß an und duldet der Mieter die Mängelbeseitigung nicht, erlischt sein Minderungsrecht. Der Mieter verhält sich wiederum rechtsmissbräuchlich, wenn er wegen der Abweichung des tatsächlichen vom vereinbarten Zustand der Mietsache die Miete mindert, obwohl der Vermieter diese Abweichung beseitigen möchte und ihm dies vom Mieter unmöglich gemacht wird.
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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