Ein Angebot – Drei Angebote?
Ein Angebot – Drei Angebote?
Müssen es wirklich immer drei Angebote sein? Diese Frage stellen sich viele WEG-Verwalter. Immer wieder werden Beschlüsse aufgehoben, weil keine drei Vergleichsangebote vorlagen. Der Verwalter soll sogar für die Kosten des Anfechtungsverfahrens haften, wenn der Beschluss deswegen aufgehoben wird (LG Berlin vom 2.2.2018 – 85 S 98/16 WEG). Dieser Beitrag beleuchtet die Grundlagen und soll Tipps für die Praxis geben.
Eine gesetzliche Grundlage für diese Lehre von den drei Angeboten gibt es nicht. Dieses so genannte „3-Angebote-Gebot“ (vgl. Casser, ZWE 2018, S. 382) entstammt der Rechtsprechung. Es soll damit verhindert werden, dass Verwalter bestimmte Dienstleister bevorzugen. Außerdem sollen die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung in die Lage versetzt werden, einen Preis-Leistungs-Vergleich vorzunehmen. Dabei ist nicht allein entscheidend, dass der Verwalter Vergleichsangebote eingeholt hat, sondern dass er diese auch den Eigentümern vorlegt. Eine Verpflichtung der Eigentümer, das günstigste Angebot zu wählen, besteht nicht. Es entspricht durchaus ordnungsgemäßer Verwaltung, auch andere Gesichtspunkte wie Vertrauen, örtliche Entfernung des Beauftragten oder aber auch den Klimaschutz in die Überlegungen einzubeziehen.
Dass es in der Praxis nicht immer einfach ist, tatsächlich vergleichbare Angebote einzuholen, wird derzeit viel in der juristischen Literatur besprochen und dringt auch immer weiter zu den Gerichten durch. Es kommt bei der Beurteilung, ob ein Beschluss anfechtbar ist, weil keine drei Vergleichsangebote vorlagen, immer auf den Einzelfall an. Maßgebend sind die Art des Beschlusses, die Eilbedürftigkeit einer Maßnahme, die Höhe der Kosten und nicht zuletzt auch die Situation am Markt. Maßgebend für die Wirksamkeit eines Beschlusses ist nämlich allein die Frage, ob dieser Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Wann bedarf es bereits jetzt der Einholung der Vergleichsangebote?
Wiederbestellung des Verwalters
Hier bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keiner Vergleichsangebote (BGH, Urteil vom 1.4.2011 – V ZR 96/10).
Neubestellung des Verwalters
Hier ist es anders. Wenn ein neuer Verwalter bestellt werden soll, sind nach dem oben genannten Urteil des BGH drei Vergleichsangebote erforderlich. Ob und inwieweit gerade eine kleinere Gemeinschaft mit weniger als 5 Eigentümern dieses erfüllen kann, erscheint fraglich. Im Interesse der kleineren Gemeinschaften und ihrer potentiellen Verwalter, empfehlen wir hier auf derartige Anfragen zu reagieren und diese ggf. abzulehnen.
Sanierungsbeschlüsse
Für Bagatellmaßnahmen müssen keine drei Angebote eingeholt werden (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 21.4.2015 − 1 S 445/14). Die Grenze von Bagatellmaßnahmen wird bei 3.000 € oder auch bei 5.000 € angenommen, sofern nichts anderes vereinbart ist. Für teurere Maßnahmen gilt allerdings das 3-Angebote-Gebot.
Beauftragung von Fachdienstleistern (z.B. Architekten oder Rechtsanwälten)
Nach der Rechtsprechung des LG Hamburg (LG Hamburg, Urteil vom 28.6.2017 – 318 S 9/16) müssen auch hier drei Angebote eingeholt und den Eigentümern zur Willensbildung vorgelegt werden. Für die Beauftragung eines Rechtsanwalts hat das AG Charlottenburg (Urteil vom 3.5.2018 – 72 C 15/18) dies abgelehnt, denn der Rechtsanwalt war bereits aus früheren Vorgängen bekannt und bewährt.
Beschluss über Beauftragung des Verwalters mit der Umsetzung der DSGVO
Das Einholen von drei Vergleichsangeboten ist nicht erforderlich, denn der Verwalter genießt eine besondere Vertrauensstellung (AG Mannheim, Urteil vom 11.9.2019 – 5 C 1733/19).
Beschluss über Darlehensvertrag
Hier gilt die 3-Angebote-Lehre. Zum einen können bereits die Konditionen zu denen Banken Darlehen anbieten, etwa in Bezug auf Laufzeit, Zinsbindung, Sondertilungsmöglichkeiten oder damit verbundenen Kreditratenschutzversicherungen erheblich voneinander abweichen. Zudem unterscheiden sich naturgemäß auch die Kosten für einen Kredit, insbesondere hinsichtlich der Zinshöhe, zum Teil erheblich. Um beurteilen zu können, ob ein Angebot ihren Bedürfnissen entspricht, ist es daher ebenfalls erforderlich, dass sich die Wohnungseigentümer eine hinreichende Tatsachengrundlage verschaffen, bevor sie einem Angebot den Zuschlag erteilten. (LG Itzehoe, Beschluss vom 19.8.2019 – 11 S 64/18).
TIPP
Prüfen Sie, ob mehrere Angebote erforderlich sind (z.B. nicht bei Wiederbestellung, erneute Beauftragung eines Rechtsanwalts)!
Wenn ja, versuchen Sie mehrere Angebote einzuholen!
Wenn das nicht gelingt, legen Sie der Gemeinschaft die Versuche dar und lassen Sie darüber beschließen, ob weiterhin Angebote eingeholt werden sollen und die entsprechende Verzögerung hingenommen wird! (Dies ist bei eiligen Maßnahmen sicher problematisch). Hierbei sollten die weiteren Argumente: Vertrauen, Verfügbarkeit, Zeitablauf, örtliche Entfernung usw. miterörtert werden.
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Bildnachweis: Pixabay