Die Eigentümerversammlung in der WEG
Die Eigentümerversammlung in der WEG
Sie haben eine Eigentumswohnung erworben, um sie selbst zu bewohnen. Sie freuen sich darauf, mit den übrigen Hausbewohnern die Wohnanlage gemeinsam zu gestalten. Doch bitte beachten Sie: Der Ort und die Zeit, wo die Willensbildung der Eigentümergemeinschaft einer WEG stattfindet, ist die Eigentümerversammlung. Absprachen im Treppenhaus oder im Garten der Wohnanlage, auch wenn zufällig alle Wohnungseigentümer beisammensaßen, sind unverbindlich. Auf der anderen Seite ist der Wohnungseigentümer, der sich üblicherweise nicht an den Plänen zur Gestaltung des Gemeinschaftseigentums beteiligen möchte, gut beraten, an den Versammlungen teilzunehmen. Nur auf diese Weise kann er mitbestimmen, welche Gestalt die Wohnanlage zukünftig annimmt und wie viel seines Geldes hierfür ausgegeben wird.
Wer darf die Eigentümerversammlung einberufen?
Gemäß § 24 Abs. 1 WEG wird die Versammlung vom Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. Es ist jedoch immer wieder erstaunlich, wie häufig es vorkommt, dass eine WEG keinen wirksam bestellten Verwalter hat. In diesem Fall oder wenn der Verwalter sich weigert, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, darf der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates die Versammlung einberufen. Fehlt auch der Verwaltungsbeirat, müssen alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich einen Termin zur Durchführung der Eigentümerversammlung festlegen, was bei zerstrittenen oder sehr großen Wohnanlagen annähernd aussichtslos ist. In diesem Fall hilft nur noch, dass sich ein Wohnungseigentümer vom Gericht ermächtigen lässt, die Einberufung zur Versammlung vornehmen zu dürfen.
Der WEG-Verwalter muss die Eigentümerversammlung einberufen, wenn dies schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt werden. Nach dem Gesetz in § 24 Abs. 2 WEG gilt hier das Kopfprinzip. Der Mehrheitseigentümer, der mehrere Wohn- oder Teileigentumseinheiten sein Eigen nennt, hat demnach nur einen Kopf, was im Regelfall nicht ausreichen wird, um den WEG-Verwalter zur Einberufung der Eigentümerversammlung zu verpflichten.
Was ist eine Eventualeinberufung und wann ist diese erlaubt?
Nach § 25 Abs. 3 WEG ist eine Eigentümerversammlung nur dann beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, berechnet nach der im Grundbuch eingetragenen Größe dieser Anteile, vertreten. Ist eine Eigentümerversammlung nach diesen Vorgaben nicht beschlussfähig, muss der WEG-Verwalter diese abbrechen und eine neue Versammlung mit den gleichen Tagesordnungspunkten einladen. Diese ist dann gemäß § 25 Abs. 4 WEG beschlussfähig.
In der Praxis wird häufig im Einladungsschreiben zur Erstversammlung und für den Fall, dass diese nicht beschlussfähig ist, im Rahmen der sog. Eventualeinberufung gleich zur Wiederholungsversammlung im Sinne des § 25 Abs. 4 WEG eingeladen. Die Wiederholungsversammlung soll dann in jedem Fall beschlussfähig sein. Diese Form der Einberufung ist allerdings nur dann erlaubt, wenn die Teilungserklärung dieses Vorgehen gestattet. Gibt es in der Teilungserklärung keine Regelung, dass abweichend von § 25 Abs. 3 und 4 WEG im ersten Einladungsschreiben zur Eigentümerversammlung eingeladen werden darf, die in jedem Fall beschlussfähig ist, darf das Einladungsschreiben zur Wiederholungsversammlung erst versandt werden, wenn im Rahmen der Erstversammlung die Beschlussunfähigkeit tatsächlich festgestellt wurde. Beschlüsse, die in einer Wiederholungsversammlung gefasst wurden, zu der fehlerhaft eingeladen wurden, sind anfechtbar.
Wer darf teilnehmen und abstimmen?
Es gibt kaum ein Einladungsschreiben eines WEG-Verwalters, dem dieser nicht gleich ein Vollmachtsformular zur Stimmabgabe beifügt. Aber Vorsicht! Wer in der Eigentümerversammlung wirksam eine Stimme abgeben darf, ergibt sich aus der Teilungserklärung. Und nicht immer darf dem WEG-Verwalter eine Vollmacht zur Stimmabgabe erteilt werden.
Bei der Frage, wer an der Versammlung teilnehmen darf, ist das Gebot der Nichtöffentlichkeit zu beachten. Die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage sollen uneingeschränkt diskutieren können und sich nicht durch Dritte und Fremde gestört fühlen müssen. Deshalb ist der WEG-Verwalter verpflichtet, jeden, der kein Teilnahmerecht an der Eigentümerversammlung hat, aus dem Veranstaltungsort zu verweisen.
Träger des Stimmrechts ist der Wohnungseigentümer. Dieser darf grundsätzlich immer an der Eigentümerversammlung teilnehmen. Kann der Wohnungs- oder Teileigentümer wegen sprachlicher Barrieren der Diskussion in der Versammlung nicht folgen, stellt sich aber bereits die Frage, ob er nicht zusätzlich einen Dolmetscher hinzuziehen darf. Da der Wohnungseigentümer aber ohne sprachliches Verständnis der Diskussion die Geschicke der Wohnanlage nicht mitbestimmen kann – ihm also ohne die Übersetzung durch einen Dolmetscher quasi das Stimmrecht entzogen wäre – ist ihm die Hinzuziehung eines Dolmetschers zu gestatten.
Hin und wieder fühlen sich die Wohnungseigentümer unsicher bei einer Entscheidung über schwierige Fragen innerhalb der Wohnanlage. Sie wollen sich rechtlich absichern und wünschen deshalb die Teilnahme eines persönlichen Rechtsbeistandes in der Eigentümerversammlung. Hier erklärt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.07.2016, GZ: V ZR 261/15, allerdings, dass für die rechtliche Beratung eines Wohnungseigentümers weder die Teilnahme des Rechtsanwalts an der Eigentümerversammlung erforderlich ist, noch eine Unterbrechung der Versammlung erfolgen muss, damit der Wohnungs- oder Teileigentümer sich mit seinem Rechtsanwalt beraten kann. Der Wohnungseigentümer kennt mit dem Erhalt des Einladungsschreibens zur Eigentümerversammlung die Themen, über die diskutiert werden soll. Er kann sich vor der Eigentümerversammlung den juristischen Rat einholen und muss dies auch bei schwierigen Themen nicht während der laufenden Versammlung einfordern.
Steht das Wohnungs- oder Teileigentum unter Zwangsverwaltung, ist die Teilnahme an der Eigentümerversammlung sowohl dem Wohnungseigentümer selbst als auch dem Zwangsverwalter zu gestatten. Das Stimmrecht übt der Zwangsverwalter aus. Dem Wohnungseigentümer ist das Stimmrecht aufgrund der Beschlagnahme des Grundvermögens entzogen. Gleiches gilt, wenn über das Vermögen des Wohnungs- oder Teileigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Auch in diesem Fall dürfen sowohl der Wohnungseigentümer als auch der Insolvenzverwalter an der Eigentümerversammlung teilnehmen. Das Stimmrecht übt aber der Insolvenzverwalter umfassend aus.
Ist der Wohnungs- oder Teileigentümer an der Teilnahme an der Eigentümerversammlung verhindert, kann er im Regelfall einen Vertreter benennen. Welche Person als Vertreter in Betracht kommt, ergibt sich aber allein aus der Teilungserklärung. Dort findet sich meist eine Regelung, auf welchen Personenkreis die Übertragung einer Vollmacht zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung begrenzt ist, bspw. Ehegatten, andere Wohnungseigentümer, Mitglieder von rechtsberatenden oder steuerberatenden Berufen und häufig auch den WEG-Verwalter. Ist von einem Wohnungseigentümer ein Vertreter zur Eigentümerversammlung gesandt worden, der nicht in den Personenkreis der in der Teilungserklärung erwähnten Vertreter fällt, muss der Versammlungsleiter diesem Vertreter den Zutritt zur Eigentümerversammlung verweigern. Durch seine Teilnahme wäre anderenfalls der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit verletzt.
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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