Die Kündigung wegen Vertragsverstoßes
Die Kündigung wegen Vertragsverstoßes
Wenn sich einzelne Mieter nicht an ihre vertraglichen Pflichten halten, seien es auch nur Nebenpflichten, kann das gesamte Gefüge in einer Mietergemeinschaft in Schieflage geraten. Das kann beträchtliche wirtschaftliche Ausfälle für Sie als Vermieter bedeuten, angefangen von Mietminderungen wegen Lärmbelästigung über ordnungsbehördliche Bußgelder bis hin zu Eigenkündigung von langjährigen und ordentlichen Mietverhältnissen. Eine Fortsetzung eines solchen Mietverhältnisses ist für Sie definitiv unzumutbar. Spätestens an diesem Punkt stellen Sie sich die Frage, wie kann ich wirksam eine Kündigung wegen Vertragsverstoßes aussprechen?
Ohne Abmahnung keine wirksame fristlose Kündigung!
Zunächst gilt für eine wirksame fristlose Kündigung wegen Vertragsverstoßes mit Ausnahme des Zahlungsverzuges, dass der Vermieter zuvor eine Abmahnung ausgesprochen haben muss. Das ergibt sich konkret aus der gesetzlichen Regelung in § 543 Abs. 3 BGB. Für die ordentliche Kündigung wegen Vertragsverstoßes verlangt das Gesetz hingegen keine Abmahnung. Das sehen die Gerichte leider häufig anders und wir empfehlen daher, in jedem Fall den Mieter vor einer Kündigung wegen Vertragsverstoßes abzumahnen.
Die Beispiele für mögliche Vertragsverstöße sind vielfältig:
- der Mieter ändert ohne Vereinbarung mit dem Vermieter den Zweck der vertraglich geregelten Nutzung des Mietobjekts, also anstatt zum Wohnen nutzt der Mieter die Wohnung beruflich
- der Mieter vermietet seine Wohnung oder Teile davon an einen Untermieter (unberechtigte Gebrauchsüberlassung)
- der Mieter nimmt nicht nur seine erwachsenen Kinder, sondern auch seine gesamte Schwiegerfamilie in der Wohnung auf (Überbelegung)
- der Mieter pflegt einen Lebensstil, aus dem Schäden an der Mietsache und/oder Lärm sowie andere Immissionen erwachsen, unter denen die Nachbarn leiden
- der Mieter duldet weder Wohnungsbesichtigungen noch Instandsetzungsarbeiten
- der Mieter kommt seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach
In einer Abmahnung muss der Vermieter den Vertragsverstoß konkret beschreiben, den Mieter zur Unterlassung dieses vertragswidrigen Verhaltens und den Mieter zur Vertragstreue auffordern. Unser Muster für eine Abmahnung finden Sie hier. Ohne vorherige Abmahnung kann dem Mieter, der sich erneut und wie bereits abgemahnt in derselben Art und Weise wieder vertragsverletzendend verhält, nicht wirksam fristlos gekündigt werden. Bei ganz schweren Vertragsverstößen kann die Ausnahme in § 543 Abs. 3 S. 2 BGB greifen, wonach eine vorherige Abmahnung beispielsweise bei offensichtlicher Erfolglosigkeit entbehrlich ist.
Beispielsweise könnte unser auszugsweise dargestelltes Muster für eine Abmahnung wegen Ruhestörung vom 08.02.2018 wie folgt aussehen:
(Auszug)
Sehr geehrter Herr Mieter,
Mitmieter (…) haben festgestellt, dass Sie in dem Zeitraum vom 04.01.2018 bis zum 02.02.2018 insgesamt 76 Mal erheblichen Lärm und Geräusche verursacht haben. (…)
Eine derartige Nutzung (…) ist vertragswidrig, weil (…)
(…)
Zu den jeweiligen von Ihnen verursachten Störungen durch Lärm verweise ich auf die nachfolgende Tabelle.
(Tabelle)
Wir fordern Sie dazu auf, diese Ruhestörungen künftig und ab sofort zu unterlassen. Sie haben (…)
Andere Mitmieter (…)
Sollten Sie künftig Ihr Verhalten nicht ändern (…), werden wir das Mietverhältnis mit Ihnen beenden und (…)
(Auszug Ende)
Das vollständige Muster für eine Abmahnung wegen Ruhestörung finden Sie hier. Auf der LEWENTO Akademie finden Sie hierzu praxisrelevante und verständliche Webinare. Durch GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH kompakt und klar vermittelt.
Wieder der alte Vertragsverstoß? Sofort kündigen!
Sobald der Mieter wieder sein altes vertragsverletzendes Verhaltensmuster zurückfällt, muss die Kündigung unverzüglich in einem engen zeitlichen Zusammenhang zum Vertragsverstoß ausgesprochen werden. Es gibt im Gesetz keine Ausschlussfrist, bis wann eine Kündigung wegen Vertragsverstoßes nach erneutem vertragsverletzenden Verhalten auszusprechen ist. Das ist jeweils vom Einzelfall abhängig und kann von 14 Tagen bis zu einer Dauer von 4-5 Monaten reichen. Wir empfehlen, nicht länger als 14 Tage abzuwarten.
Wird die Kündigung wegen Vertragsverstoßes erst längere Zeit später ausgesprochen, kann dies von den Gerichten als Indiz gewertet werden, dass der Vermieter das erneute vertragsverletzende Verhalten dann doch nicht so besonders schwerwiegend empfunden hat. Damit würde die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht vorliegen und die Kündigung wegen Vertragsverstoßes wäre unwirksam.
Außerordentliche fristlose Kündigung oder ordentliche Kündigung?
Die Kündigung wegen Vertragsverstoßes ist sowohl als fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB möglich, aber auch als ordentliche Kündigung bei berechtigtem Interesse des Vermieters gemäß § 573 BGB.
Liegt ein besonders schwerer und nicht zwingend schuldhafter Vertragsverstoß des Mieters vor und dem Vermieter ist eine Fortsetzung des Mietverhältnisses, sei es auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar, kann der Vermieter außerordentlich fristlos gemäß § 543 BGB kündigen. Liegt hingegen eine nicht unerhebliche, zwingend schuldhafte Vertragsverletzung des Mieters vor, kann der Vermieter gemäß § 573 BGB ordentlich kündigen. Bei einer außerordentlich fristlosen Kündigung ist das Mietverhältnis sofort beendet. Bei einer ordentlichen Kündigung ist das Mietverhältnis mit Ablauf der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist beendet.
Die oben genannten Beispiele für Vertragsverstöße können sowohl die fristlose Kündigung nach § 543 BGB als auch die ordentliche Kündigung nach § 573 BGB rechtfertigen. Es kommt im jeweiligen Einzelfall auf die Schwere der Vertragsverletzung durch den Mieter an.
Die Gerichte prüfen stets, ob nicht eine ordentliche Kündigung ausreicht. Doch selbst wenn das Gericht den kündigungsbegründenden Vertragsverstoß für die fristlose Kündigung als nicht ausreichend ansieht, kann die fristlose Kündigung noch in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Dann könnten auch in der Vergangenheit liegende Vertragsverstöße herangezogen werden, die für sich allein eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen könnten.
Formalien einer wirksamen Kündigung wegen Vertragsverstoßes
Nun haben Sie Ihren Mieter erfolglos abgemahnt, der Mieter setzt sein vertragsverletzendes Verhalten fort und Sie setzen ein Kündigungsschreiben auf. Sie sollten dabei beachten, dass in dem Kündigungsschreiben sämtliche Personen, die im Mietvertrag als Vermieter und Mieter aufgeführt sind, konkret mit Namen und Anschrift zu bezeichnen sind. Die Bezeichnung des Mietverhältnisses im Kündigungsschreiben muss so konkret sein, dass keine Verwechslung möglich ist (z. B. Angabe von Mietverhältnisnummer, Straße, Hausnummer, Vorderhaus, Hinterhaus, Etage, Postleitzahl, Ort der Mietsache).
Der wichtige Kündigungsgrund liegt in dem wiederholten Vertragsverstoß durch den Mieter. Sie sollten die Vertragsverletzungen so ausführen, wie in der zu Grunde liegenden Abmahnung und sich auf das Verhalten des Mieters nach der Abmahnung beziehen. Die erneute Vertragsverletzung muss mit der abgemahnten Vertragsverletzung identisch sein, z. B. eine verspätete Zahlung erneut erfolgen, die Ruhestörung erneut erfolgen, die gewerbliche Nutzung weiter betrieben werden. Bei einer fristlosen Kündigung sollten Sie dem Mieter eine Räumungsfrist von mindestens einer Woche einräumen.
Das Kündigungsschreiben muss bei mehreren Vermietern durch alle Vermieter unterzeichnet werden. Das Gesetz gibt vor, dass die Kündigung schriftlich erfolgen muss, also eigenhändig unterschrieben.
Und schließlich muss das Kündigungsschreiben allen Mietern zugehen und darf also nicht per E-Mail versendet werden. Wir empfehlen die Übersendung durch einen Boten, der aber aus Beweisgründen nicht der Vermieter sein darf, also ein Freund, Hausmeister, etc.. Der Bote liest sich das Kündigungsschreiben durch, wirft das Original in den Briefkasten des Mieters ein und notiert auf einer zuvor angefertigten Fotokopie des Kündigungsschreibens das Einwurfdatum sowie die Uhrzeit und vermerkt seinen Namen mit anschließender Unterschrift. Eine weitere und rechtssichere Zuständigkeit können Sie mit der kostenpflichtigen Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher erreichen.
Beispielsweise könnte unser auszugsweise dargestelltes Muster für eine fristlose Kündigung nach Abmahnung wegen Ruhestörung vom 19.03.2018 wie folgt aussehen:
(Auszug)
Sehr geehrter Herr Mieter,
mit Schreiben vom 08.02.2018 hatte ich Sie wegen (…) abgemahnt und Sie aufgefordert, (…).
Ich habe festgestellt, dass Sie (…).
Insbesondere haben Sie: (…).
Zu den jeweiligen neuen von Ihnen verursachten Störungen durch Lärm verweise ich auf die nachfolgende Tabelle.
(Tabelle)
Auf Grund der weiterhin bestehenden Vertragsverletzung kündige ich das Mietverhältnis gemäß
- 543 BGB fristlos, hilfsweise fristgemäß, und fordere Sie auf, dass Mietobjekt zu räumen und geräumt
spätestens bis zum
29.03.2018
zurückzugeben.
Um die ordnungsgemäße Übergabe sicherzustellen, bitte ich Sie, (…)
Bereits jetzt widerspreche ich ausdrücklich (…)
Bis zur Rückgabe des Mietobjekts bleiben Sie zur Zahlung (…) verpflichtet.
(…)
(Auszugende)
Das vollständige Muster für eine fristlose Kündigung wegen Ruhestörung finden Sie hier.
Der Grundstein für einen erfolgreichen Räumungsprozess
Die wirksame Kündigung wegen Vertragsverstoßes ist für Sie als Vermieter eine der schwierigsten Vertragsbeendigung überhaupt. Doch bei sorgfältiger Beachtung der immer strengeren formalen Anforderungen für eine wirksame Kündigung wegen Vertragsverstoßes haben Sie den Grundstein für einen erfolgreichen Räumungsprozess gesetzt.
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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