Der Nießbraucher im Verwaltungsbeirat

Der Nießbraucher im Verwaltungsbeirat
21.08.2023
Stellen Sie sich folgenden einfachen(?), alltäglichen Fall vor: Ein langjähriges Verwaltungsbeiratsmitglied schenkt seine Wohnung seiner Tochter. Er bleibt aber in der Wohnung wohnen. Zu seinen Gunsten wird ein Nießbrauch eingetragen. Es wäre im Interesse aller – der anderen Eigentümer und des Verwalters -, dass die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Verwaltungsbeirat weitergeht.
In § 29 Abs. 1 S. 1 WEG heißt es aber „Wohnungseigentümer können … zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden.“

Dieser Beitrag widmet sich daher der Frage: Dürfen und können Nießbraucher in den Verwaltungsbeirat gewählt werden oder dort mitarbeiten?

Was ist der Nießbrauch?

Nießbrauch ist das unveräußerliche Recht, Nutzungen aus einer Sache zu ziehen, und wird in das Grundbuch eingetragen. Der Nießbraucher hat daher ein umfassendes Nutzungsrecht, ist aber nicht Wohnungseigentümer.

Kann der Nießbraucher in den Verwaltungsbeirat gewählt werden?

Dies ist unter Juristen sowohl vor als auch nach dem WEMoG umstritten. Die offensichtlich herrschende Meinung nimmt allerdings das Gesetz wörtlich und lehnt das ab, auch gerade weil in der neuen Fassung von § 29 WEG nur von Wohnungseigentümern gesprochen wird. Im Zuge der Reform hätte dies anders geregelt werden können. Wird mit dem Sinn und Zweck argumentiert, ergibt sich dasselbe. Wenn auch Dritte (durch Beschluss) bestellt werden können, würden diese Dritten umfassend über Interna der Gemeinschaft informiert werden und hätten auch andere Befugnisse, wie die Einberufung der Versammlung. Dies wird oft als nicht sachgerecht empfunden (Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des WEG).
Wenn geklärt ist, dass kein Dritter bestellt werden kann und es dann aber doch beschlossen wird, stellt sich die Frage:

Ist der Bestellungsbeschluss eines Dritten nichtig oder „nur“ anfechtbar?

Auch dies ist umstritten. Nach der alten Rechtslage – vor 2020 – waren die Bestellungsbeschlüsse lediglich anfechtbar. Es wird aber vermehrt vertreten, dass diese Bestellungsbeschlüsse nichtig sind, weil sie dem eindeutigen Wortlaut widersprechen.

Aber ist nicht § 29 WEG abdingbar?

Ja, § 29 WEG ist abdingbar. Dies führt aber nur dazu, dass es möglich ist zu vereinbaren, dass auch Nicht-Eigentümer bestellt werden können. Wenn also alle Eigentümer die Möglichkeit der Bestellung von Nießbrauchern vereinbart haben, kann eine solche Bestellung ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und ist jedenfalls nicht nichtig. Daher kann die Eingangsfrage, ob Nießbraucher Beiräte sein können, – wie so viele im Wohnungseigentumsrecht – mit der Gegenfrage: „Was steht in der Teilungserklärung?“ beantwortet werden. Wenn es hier (oder auch anderswo) keine Vereinbarung gibt, sprechen sowohl Wortlaut als auch Sinn und Zweck von § 29 WEG gegen die Möglichkeit der Bestellung eines Nießbrauchers zum Beirat.

Der Nießbraucher als Bevollmächtigter im Beirat? 

Dies alles führt auch dazu, dass wenn ein Eigentümer aus der Gemeinschaft ausscheidet, er automatisch auch aus dem Beirat ausscheidet. Im Eingangsfall erschien es aber sachgerecht, den Nießbraucher miteinzubeziehen, um von seiner Erfahrung zu profitieren. Das Beiratsamt wird aber eigenverantwortlich und höchstpersönlich ausgeführt. Die Tochter kann sich also nicht bestellen lassen und die Aufgaben an ihren Vater delegieren. 

Fazit – kurz und knackig:

Vorbehaltlich einer Vereinbarung aller Wohnungseigentümer kann kein Nießbraucher in den Verwaltungsbeirat gewählt werden. Es besteht die erhebliche Gefahr, dass ein solcher Beschluss nichtig ist. Auch eine Delegation der Aufgaben des Beirats an einen Nießbraucher ist nicht möglich.

Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltskanzlei
Bildnachweis: Pixabay

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