Datenweitergabe an Makler anlässlich des Verkaufs einer Eigentumswohnung
Datenschutzinformationen
17.12.2024Im Zuge der Veräußerung von Wohnungseigentum kommt es häufig vor, dass sich ein Makler im Auftrag des Eigentümers an den WEG-Verwalter wendet und um die Herausgabe von Protokollen und Beschlusssammlung bittet, damit sich ein Kaufinteressent anhand der Unterlagen einen Überblick über die existierenden Beschlüsse und die Aktivitäten innerhalb der Gemeinschaft verschaffen kann.
Für den WEG-Verwalter stellt sich dabei datenschutzrechtlich die Frage, ob er diese Unterlagen an den Makler aushändigen darf, denn diese Dokumente enthalten ggf. personenbezogenen Daten aller übrigen Wohnungseigentümer der WEG. Auch an unser Büro ist diese Frage herangetragen worden, die wir in diesem Beitrag unter Darlegung der allgemeinen Verarbeitungsgrundsätze der DSGVO beantworten möchten.
Nach der DSGVO gilt der Grundsatz, dass personenbezogene Daten nur dann verarbeitet werden dürfen, wenn dafür eine Rechtsgrundlage vorhanden ist. Unter „Verarbeitung“ i.S.d. DSGVO versteht man grundsätzlich jeden Umgang mit Daten, d.h. nicht nur deren Erhebung oder Speicherung, sondern auch die Weitergabe bzw. jedwede Form der Bereitstellung von Daten an Dritte. Bei der Bereitstellung von Protokolldokumenten und Beschlusssammlung an Makler handelt es sich deswegen auf jeden Fall um einen Datenverarbeitungsvorgang, der eine Rechtsgrundlage erfordert.
Welche Rechtsgrundlage gibt es für die Datenweitergabe an Makler?
Wohnungseigentumsrechtlich kann jeder Wohnungseigentümer nach § 18 Abs. 4 WEG Einsicht in Verwaltungsunterlagen nehmen. Dieser Anspruch besteht gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und wird durch den Verwalter erfüllt.
Der Wohnungseigentümer kann grundsätzlich auch einen Dritten dazu ermächtigen, in die Verwaltungsunterlagen Einsicht zu nehmen. Für die Beschlusssammlung ergibt sich diese Ermächtigungsbefugnis unmittelbar aus § 27 Abs. 7 S. 8 WEG. Aber auch für sonstige Verwaltungsunterlagen wird einhellig von einer Ermächtigungsbefugnis ausgegangen, weil es sich bei dem Einsichtsrecht nicht um ein höchstpersönliches Recht handelt (vgl. MüKoBGB/Rüscher WEG § 18 Rn. 144). Insoweit ist lediglich umstritten, ob vom Eigentümer für die Erteilung der Ermächtigung ein besonderes rechtliches Interesse geltend gemacht werden muss. Die Veräußerungsabsicht eines Eigentümers und die damit erforderlich werdende Information eines Kaufinteressenten über (für ihn bindende!) Beschlüsse sowie über die sonstigen Aktivitäten der Gemeinschaft stellt allerdings ein nachvollziehbares rechtliches Interesse an der Einsichtnahme durch einen Dritten dar.
Ort der Einsichtnahme ist - soweit vertraglich nichts anderes vereinbart ist - der Sitz der Verwaltung (BGH NJW 2011, 1137 Rn. 9) bzw. - seit der WEG-Reform - der Ort der Belegenheit der Wohnanlage (vgl. MüKoBGB/Rüscher WEG § 18 Rn. 151), es sei denn, dass der Wohnungseigentümer weit entfernt vom Sitz der Verwaltung wohnt und ihm für die bloße Einsichtnahme eine Anreise unzumutbar wäre (vgl. Hügel/Elzer WEG § 18 Rn. 164 mwN.).
Was bedeutet das datenschutzrechtlich?
Ist die Wahrnehmung des gesetzlich bestehenden Einsichtsrechts im Verwaltervertrag geregelt, dann handelt der WEG-Verwalter bei der Bereitstellung der Protokolle und der Beschlusssammlung an hierfür ermächtigte Dritte, zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten, d.h. auf der Rechtsgrundlage von Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO.
Existiert keine Regelung im Verwaltervertrag, dann handelt der WEG-Verwalter zur Erfüllung des Anspruchs auf Einsicht nach § 18 Abs. 4 WEG und damit zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Das konkrete berechtigte Interesse besteht darin, die Wahrnehmung des Einsichtsrechts des Wohnungseigentümers (durch ermächtigte Dritte) und damit die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten der Gemeinschaft zu ermöglichen.
Dürfen die Unterlagen nur eingesehen oder auch Kopien übersandt werden?
Nach der herrschenden Meinung zu § 18 Abs. 4 WEG hat ein Wohnungseigentümer hinsichtlich der Verwaltungsunterlagen grundsätzlich nur ein Einsichtnahmerecht innerhalb der Geschäftsräume der Verwaltung (vgl. Hügel/Elzer WEG § 18 Rn. 167 mwN.). Nur ausnahmsweise ist der Wohnungseigentümer berechtigt, die Übersendung von Kopien zu verlangen, nämlich dann, wenn der Sitz der Verwaltung sich weit entfernt von seinem Wohnort befindet (s.o. Hügel/Elzer WEG § 18 Rn. 63, 167 mwN.).
Es liegt nahe, diese zivilrechtliche Rechtslage auf die Bereitstellung von Beschlusssammlung und Protokollen an Makler bzw. Kaufinteressenten zu übertragen, womit es beim Verwalter für die Entscheidung zwischen Übersendung und Gewährung von Einsichtnahme darauf ankommt, in welcher Entfernung sich der Kaufinteressenten vom Sitz der Verwaltung/dem Objekt befindet.
Aus Sicht des Datenschutzes ist unter dem Aspekt der Datenminimierung die Einsichtnahme in Unterlagen i.Ü. immer der Übersendung von Kopie vorzuziehen, weil Kopien leicht vervielfältigt werden können und auch (datenschutzkonform) vernichtet werden müssen, um darin enthaltene personenbezogene Daten unkenntlich zu machen.
Im Ergebnis sollte der WEG-Verwalter also den Makler bzw. Kaufinteressenten in der Regel auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in Protokoll- und Beschlusssammlung vor Ort verweisen.
Müssen Protokolle und Beschlusssammlung geschwärzt werden?
Bei der Frage, ob/wie die Bereitstellung von Daten an den Makler bzw. den Kaufinteressenten erfolgen darf, ist aus datenschutzrechtlicher Sicht ebenfalls der Grundsatz der Datenminimierung zu beachten, wonach die Verarbeitung von personenbezogene Daten auf das für die Zwecke der Verarbeitung erforderliche Maß beschränkt sein muss (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO).
Unter dem Aspekt der Datenminimierung stellt sich die Frage, ob personenbezogene Daten (in der Regel von anderen Eigentümern) in Protokollen und Beschlusssammlung geschwärzt werden müssen, bevor sie Maklern/Kaufinteressenten bereitgestellt werden.
Strenggenommen sind etwaige in Protokoll und Beschlusssammlung enthaltene personenbezogene Daten nicht erforderlich, um den Zweck der Einsichtnahme durch einen Kaufinteressenten zu erreichen, weil es dem Kaufinteressenten in aller Regel lediglich allgemein um die Information über Aktivitäten und Beschlüsse innerhalb der WEG geht. Andererseits dürften sich eher selten personenbezogene Daten in den genannten Unterlagen befinden (sieht man von einer ggf. dem Protokoll beigefügten Anwesenheits-/Abstimmungsliste ab) und bei etwaigen in den Unterlagen enthaltenen Daten mit Personenbezug würde es sich in der Regel auch nicht um Daten von hoher Sensibilität handeln.
Aus unserer Sicht ist das Schwärzen von personenbezogenen Daten in Protokollen und der Beschlusssammlung deswegen grundsätzlich nicht erforderlich. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Daten eine gewisse Sensibilität haben, z.B. bei Beiträge zur Entziehung des Wohnungseigentums oder über Zahlungsrückstände eines konkreten Eigentümers, sollten personenbezogene Daten bei der Bereitstellung gegenüber Dritten geschwärzt werden.
Generell verzichtet werden sollte auf die Bereitstellung der Anwesenheitsliste sowie auf die Bereitstellung sonstiger WEG-Unterlagen mit erkennbarem Personenbezug (insbesondere Einzelabrechnungen oder Kontounterlagen).
Was ist noch zu beachten?
Sofern Sie personenbezogene Daten auf der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses bereitstellen (s.o.) dokumentieren Sie Ihre Interessenabwägung und prüfen Sie, ob der Verarbeitungsprozess der Bereitstellung von Eigentümerdaten anlässlich der Veräußerung von Wohnungseigentum in Ihren Datenschutzhinweisen abgebildet ist.
Autorin: Tanja Zerull, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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