Datenschutz: Bagatellverstöße und Schadensersatz
Datenschutz: Bagatellverstöße und Schadensersatz
Gerade erst haben wir berichtet, dass bei einem Bagatellverstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung kein Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu zahlen ist. Dies entsprach bisher der üblichen Rechtsprechung, die einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht forderte, bevor es zur Frage des Schadensersatzes kommt. Ob dies mit Europäischem Recht in Einklang steht, ist bislang nicht geklärt. Das Bundesverfassungsgericht geht aber davon aus, dass dies durch den Europäischen Gerichtshof zu klären ist.
Was war passiert? Ein Rechtsanwalt hatte auf seine berufliche E-Mail-Adresse eine Werbe-E-Mail erhalten. Er hatte einer Verwendung seiner E-Mail-Anschrift für Werbezwecke nicht zugestimmt. Neben Unterlassung forderte der betroffene Rechtsanwalt Schmerzensgeld in Höhe von ca. 500,00 € wegen dieses Datenschutzverstoßes. Das zuständige Amtsgericht Goslar gab dem Unterlassungsanspruch statt und bejahte den Datenschutzvorfall. Die Schmerzensgeldforderung wies es jedoch ab, weil kein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht erfolgt war. Gegen dieses Urteil reichte der Rechtsanwalt eine Verfassungsbeschwerde ein. Er war der Meinung, das Amtsgericht hätte nach Art. 267 EU-Arbeitsweisevertrag dem Europäischen Gerichtshof die Sache zur Vorabentscheidung vorlegen müssen. Entscheidend sei die Frage, ob der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht tatsächlich schwerwiegend sein muss, um eine Schadensersatzpflicht auszulösen.
Dem ist das Bundesverfassungsgericht gefolgt. Es gab der Verfassungsbeschwerde statt und verwies die Sache an das AG Goslar zurück. Das Bundesverfassungsgericht führt aus, dass ein letztinstanzliches Gericht in einer Entscheidung, die das Unionsrecht berührt, den EuGH anrufen muss, es sei dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt.
Das Amtsgericht hätte sich hinsichtlich des Unionsrechts ausreichend kundig machen müssen und die Rechtsprechung des EuGH auswerten müssen. Auf dieser Grundlage wäre dann eine Entscheidung zu treffen. Wenn es das nicht getan hat und die zu klärende Frage auch nicht dem EuGH vorlegt, verletzt das Urteil den Betroffenen in seinen Rechten.
Daraus ergibt sich, dass das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob bei einem Bagatellverstoß Schadensersatz zu leisten ist, für klärungsbedürftig hält. Die deutsche Praxis, dass bei einem Bagatellverstoß ein Schadensersatz zu leisten ist, muss bei einem Bagatellverstoß hinsichtlich des Datenschutzes nicht gelten. Es bleibt also spannend, was der Europäische Gerichtshof auf die zu erwartende Frage des Amtsgerichts Goslar antwortet.
Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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