Das Märchen von den drei Angeboten

Das Märchen von den drei Angeboten

Eine Vorweihnachtsgeschichte

21.12.2022
Es war einmal ein fleißiger Hausverwalter und ein langes Wort mit 58 Buchstaben: Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung. Das Happy End kommt jetzt noch nicht, denn wir haben damit den walisischen Rekord der Wortlänge nur eingestellt und nicht überholt. Das war also knapp, aber vielleicht können wir dies nächstes Jahr noch besser. Was wir auch können, sind Abkürzungen: EnSiMiMaV, heißt die gute. In diesem märchenhaften Beitrag geht es aber nicht um Sprache, sondern um die Maßnahmen nach der EnSiMiMaV und den entsprechenden Beschlüssen und den drei Angeboten.

Die schöne EnSiMiMaV und ihre Maßnahmen

Die EnSiMiMaV ist eine Verordnung, die auf Grundlage des § 30 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) geschaffen wurde. Sie gilt seit dem 1.9.2022 und bis zum 30.6.2024. Es geht darum, möglichst viel Erdgas einzusparen, um von Gasimporten unabhängiger zu werden. Geregelt sind hier Maßnahmen zur Energieeinsparung, die über die Maßnahmen der schönen Schwester, der EnSiKuMaV hinausgehen. Da waren die kurzfristigen Maßnahmen geregelt – keine Beleuchtung von Werbeanlagen, keine Beheizung von privaten Schwimmbädern, keine Mindesttemperatur in Mietwohnungen (nur für den Mieter) und eine Reihe von Informationspflichten.
 
Mittelfristig soll weiter Energie eingespart werden, indem die Heizanlagen geprüft werden und gegebenenfalls ein hydraulischer Abgleich vorzunehmen ist. Den Wortlaut der EnSiMiMaV finden Sie hier. In unserem Onlineshop finden Sie passende Muster.

Die erste Aufgabe: Die Anwendbarkeit

Zuerst muss unser Hausverwalter klären, ob er sich überhaupt mit der EnSiMiMaV beschäftigen muss. Die EnSiMiMaV richtet sich an Eigentümer von Gebäuden, in dem Anlagen zur Wärmeerzeugung durch Gas genutzt werden. Dort muss eine Heizungsprüfung erfolgen und gegebenenfalls die Heizanlage optimiert werden. Es gibt Ausnahmen für Gebäude, bei denen nach dem 30.9.2020 bereits eine Prüfung stattgefunden hat.

Wenn eine Gaszentralheizung betrieben wird, müssen diese hydraulisch abgeglichen werden, in Gebäuden mit mindestens 6 Wohneinheiten bis zum 15.9.2024, in Häusern mit mindestens 10 Wohneinheiten oder Nichtwohngebäuden mit 1000 qm beheizter Fläche schon bis zum 30.9.2023. Es gibt hier Ausnahmen für Häuser, in denen ein hydraulischer Abgleich bereits passiert ist oder ein Heizungstausch oder eine Stilllegung bevorsteht.

Unser Hausverwalter verwaltet auch Wohnungseigentumsanlagen mit Gaszentralheizungen. Heizungsprüfungen oder hydraulische Abgleiche haben nicht stattgefunden. Er muss sich also mit der EnSiMiMaV beschäftigen. Zwar ist dort nicht von Wohnungseigentümergemeinschaften die Rede, diese dürften aber mit „Eigentümer von Gebäuden…“ gemeint sein. 

Die zweite Aufgabe: Der Beschluss

Ob über die Heizungsprüfung ein Beschluss herbeigeführt werden muss oder unser Hausverwalter selbst entscheiden kann, hängt von den Regelungen im Verwaltervertrag und die entsprechenden Kostengrenzen ab. Beim hydraulischen Abgleich dürfte in der Regel ein Beschluss erforderlich sein. Selbst wenn die Verwaltung auch ohne Beschluss entscheiden kann, kann dennoch über die Maßnahmen beschlossen werden. Ein Beschluss, dass diese Maßnahmen nicht durchgeführt werden, ist nichtig. Bußgelder können zumindest theoretisch verhängt werden.

Daher sollte unser Hausverwalter für die nächste Eigentümerversammlung einen entsprechenden Beschluss vorbereiten. Dies muss so geschehen, dass die Eigentümer eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügende Ermessensentscheidung treffen können. Dazu sind in aller Regel die Einholung von drei Vergleichsangeboten notwendig (so auch zuletzt: AG Essen, Urteil vom 17.02.2022 - 196 C 123/21).

Die dritte Aufgabe: Die drei Angebote

Sind wirklich drei Angebote notwendig? Für größere (?) Maßnahmen wird dies immer noch gefordert. Das Fehlen der drei Vergleichsangebote verhindert aber im Falle der Anfechtung oft eine effiziente Verwaltung und schadet dann den Eigentümern. Die Einholung von drei Angeboten wird immer schwieriger, weil der Handwerkermarkt angespannt ist, die Handwerker ausgelastet sind und es an Material mangelt. Die Gefahr, dass dann notwendige oder sinnvolle Maßnahmen verschleppt werden, steigt.

Wenn dann noch Angebote zeitlich sehr stark eingegrenzt werden und die Anbieter für längerdauernde Angebote einen Kostenaufschlag verlangen, kommt es zu weiteren Preissteigerungen nur, weil die Ladungsfristen eingehalten werden müssen.

Also welche Ausnahmen gibt es?

Bei Bagatellmaßnahmen sind keine drei Angebote erforderlich. Oftmals wird die Bagatellgrenze mit 5% der Wirtschaftsplansumme beziffert. Wenn also nur „kleinere“ Aufträge vergeben werden, könnte ein Angebot zur Beschlussvorbereitung genügen.

Die Vergabe ohne weitere Vergleichsangebote kann auch dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn ein bestimmter Anbieter durch vorangegangene Aufträge das Vertrauen der Mehrheit der Eigentümer besitzt oder über besondere Objektkenntnisse verfügt.

Wenn nur ein einziges Angebot vorliegt, dürfte dies auch genügen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn ein Sachverständiger oder anderer Experte dieses Angebot positiv bewertet hat. Es geht ja bei dem Gebot der drei Angebote darum, dass den Eigentümern eine Entscheidungsgrundlage gegeben wird. Die Eigentümer sollen die Angebote bewerten können. Wenn ein Experte aber eine Bewertung vornimmt, so dürfte dies genügen.

Wenn nur ein einziges Angebot vorliegt, dürfte dies auch dann genügen, wenn kein anderes Angebot zu erhalten war. In dem Fall kann die Gemeinschaft nur entscheiden, ob die Maßnahme vorgenommen wird oder nicht. Dies ist aber wie gesagt bei den Maßnahmen nach der EnSiMiMaV nicht der Fall. Um darzulegen, dass nur ein einziges Angebot zu erhalten war, sollten die Anfragen an vergleichbare Handwerker belegt werden und entweder die ablehnenden Antworten oder eben klargestellt werden, dass keine Antworten erfolgten. 

Happy End

Unser Hausverwalter hat ein Angebot erhalten und dieses wird auch beschlossen. Zum Happy End gehört, dass alle Eigentümer glücklich und zufrieden sind. Zum alternativen Ende gehört, dass das Gericht verkündet, dass eine der Ausnahmen vom Gebot der drei Angebote vorliegt und die Anfechtungsklage des einen Eigentümers abweist. Die Heizungsprüfung und der hydraulische Abgleich werden durchgeführt. Die Eigentümer sparten Energie und bestellten den Verwalter wieder und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Autorin: Katharina Gündel, GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH 


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