Das Besichtigungsrecht des Vermieters

Das Besichtigungsrecht des Vermieters
10.10.2018

Die Wohnung ist unverletzlich, heißt es in Art. 13 Abs. 1 GG. Was bedeutet das? Eigentümer von Mietwohnungen sind meist die Vermieter. Diese wollen sich gern mehr oder weniger regelmäßig ein Bild von ihrem Eigentum machen können und die vermietete Wohnung besichtigen. Grundsätzlich gilt aber, mit Abschluss des Mietvertrages und der Übergabe der Mietsache an den Mieter wird dem Mieter das Hausrecht an der Wohnung eingeräumt. Es stellen sich also die Fragen: Wann darf ein Vermieter die Wohnung besichtigen oder hat er ein generelles Besichtigungsrecht? Wann darf der Mieter die Besichtigung verweigern und sich auf die Unverletzlichkeit der Wohnung berufen?

Darf der Vermieter die Wohnung regelmäßig (jährlich) auch ohne Anlass die Wohnung besichtigen?

So ist dies in vielen Mietverträgen vereinbart. Auf diese Klausel berufen sich die Vermieter oder Hausverwaltungen.

Bis 2014 waren sich die Juristen nicht einig, ob der Vermieter in regelmäßigen Abständen ohne konkreten Anlass die Wohnung besichtigen darf. Dafür sprach, dass es dem Vermieter möglich sein muss, die vermietete Sache in regelmäßigen Abständen zu besichtigen, um im Rahmen der Besichtigung überprüfen zu können, ob die Wohnung vertragsgemäß genutzt wird und Arbeiten zur Instandhaltung oder Instandsetzung erforderlich sind. Der Bundesgerichtshof hat dies in seinem Urteil vom 4.6.2014 zum Az. VIII ZR 289/13 anders gesehen und entschieden, dass dem Vermieter ohne einen konkreten Anlass kein allgemeines Besichtigungsrecht zusteht. Ein solches Besichtigungsrecht würde nach der Meinung des Bundesgerichtshofs im Widerspruch zu dem alleinigen Gebrauchsrecht und zum Hausrecht des Mieters an der Wohnung stehen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob dies in einem vom Vermieter gestellten Formularmietvertrag so vereinbart wurde. Eine solche formularmäßige Vereinbarung, wonach der Vermieter berechtigt sein soll, die Mietsache auch ohne einen konkreten Anlass einmal jährlich besichtigen zu können, ist unwirksam.

Welche konkreten Anlässe für eine Besichtigung sind nun denkbar?

Der Vermieter ist unter anderem dann berechtigt, die Mietsache zu besichtigen, wenn im ungekündigten Mietverhältnis;

  • die Wohnung oder das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, verkauft werden sollen und potentielle Käufer besichtigen wollen
  • in der Wohnung Mängel vorhanden sind und der Vermieter die gerügten Mängel überprüfen will, um zu ermitteln, wie der Mangel beseitigt werden kann.
  • zur Planung bzw. Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen
  • Messvorrichtungen in der Mieteinheit vorhanden sind und die Verbräuche abgelesen werden müssen.

Im gekündigten Mietverhältnis darf der Vermieter darüber hinaus die Wohnung besichtigen, wenn

  • er die Mieträume in Vorbereitung der Abnahme zur Ermittlung etwaiger Schäden und Renovierungsverpflichtungen besichtigen will oder
  • er die Wohnung Mietinteressenten zeigen will.

Hier finden Sie nützliche Dokumente zum Thema Besichtigungsrecht.

Was ist bei der Ausübung des Besichtigungsrechts zu beachten?

Das Bundesverfassungsgericht hat ausgeurteilt, dass das Besichtigungsrecht schonend auszuüben ist und vermeidbare Belästigungen gänzlich unterbleiben müssen.

Was bedeutet das? Der Vermieter ist verpflichtet, anstehende Besichtigungen unter Benennung des Besichtigungsgrundes rechtzeitig anzukündigen, damit der Mieter in der Lage ist, sich auf diesen Termin vorzubereiten und die Besichtigung zu ermöglichen. Was „rechtzeitig“ ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ist der Mieter berufstätig, ist eine Ankündigungsfrist von mindestens 7 Werktagen einzuhalten. Die Uhrzeit entspricht den allgemeinen Besuchszeiten und liegt in der Zeit von Montag bis Samstag, 9:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Eine Besichtigung sollte nicht länger als max. 45 Minuten andauern.

Ohne entsprechende Ankündigung ist der Mieter nicht verpflichtet, die Besichtigung zu dulden.ortant;}”]

Was tun, wenn es brennt bzw. wenn die Besichtigung eilt?

Die oben genannte Ankündigungsfrist kann im Einzelfall unterschritten werden, wenn besondere Eile geboten ist. Eine besondere Eile ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn eine Gefahr im Verzug vorliegt und eine unverzügliche Besichtigung erforderlich ist, um der Entstehung von Schäden vorzubeugen, oder der Erweiterung von Schäden entgegenzuwirken. Das typische Beispiel für eine solche Eilbedürftigkeit ist hier der Wasser- oder Heizungsrohrbruch.

Kann der Mieter eine Uhrzeit („erst nach 18:00 Uhr“) vorschreiben?

Nein. Der Vermieter soll versuchen, die Besichtigung zu einer Uhrzeit anzusetzen, die der Mieter auch einhalten kann. Der Vermieter muss sich aber nicht nach den Arbeitszeiten der Mieter richten. Der Vermieter hat vielmehr einen Anspruch auf Besichtigung innerhalb der üblichen Bürozeiten. Hier kommt es aber auch auf den Einzelfall an, Ablesedienste müssen dem kurzen Zeitraum zum Jahreswechsel eine Vielzahl von Wohnungen betreten, um dort die Verbräuche von Heizungen oder Wasser abzulesen; hier dürfte die Vereinbarungen von Wunschterminen schwierig zur organisieren sein.

Wer darf mitkommen?

Der Vermieter darf je nach Anlass der Besichtigung dritte Personen mitbringen, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Selbstverständlich ist dies für die Miet- oder Kaufinteressenten. Der Vermieter darf auch andere Personen bevollmächtigten bzw. beauftragen, die Besichtigung vorzunehmen. Dies sind der Hausverwalter oder der Messdienstleister oder auch der Handwerker für Planung von Mängelbeseitigungsmaßnahmen. Kennt der Mieter diese Personen nicht, dann müssen diese Personen in der Ankündigung benannt werden, d.h. mit Vor- und Nachnamen, konkretisiert werden. Auf Verlangen des Mieters müssen sich diese Personen durch Vorlage von Identifikationspapieren (Ausweis) legitimieren.

Dürfen Fotos gemacht werden?

Grundsätzlich nein!  Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Anfertigung von Fotografien zwingend erforderlich ist, um bestehende Schäden später ordnungsgemäß beseitigen zu können, oder aber, wenn die Anfertigung von Fotografien der Beweissicherung dient, darf der Vermieter auch ohne Zustimmung des Mieters Fotografien anfertigen.

Unzulässig ist es auch, Fotografien anzufertigen, damit diese Fotografien zum Zwecke des Verkaufs der Wohnung/der Weitervermietung der Wohnung im Internet veröffentlicht werden können.

Wie oft darf besichtigt werden?

Der Mieter braucht, einer unbegrenzten Anzahl von Besichtigungsterminen zum Beispiel bei Neuvermietung oder Verkauf nicht zuzustimmen. Unter Berücksichtigung des dem Mieter allein zustehenden Gebrauchsrechts an der Wohnung steht dem Vermieter bei konkretem Anlass ein 3maliges Besichtigungsrecht im Monat zu. Insofern obliegt es dem Vermieter, seinen Informationsbedarf möglichst in einem einzigen Besichtigungstermin zu befriedigen, oder aber die Besichtigungstermine so zu organisieren, dass in einem Besichtigungstermin möglichst viele Kaufinteressenten/Mietinteressenten anwesend sind.

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Autor: GROSS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bildnachweis: Sasun990/Shutterstock.com


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